80 Jahre Kriegsende: Zuflucht Ulmer Wilhelmsburg

zwischen Trümmern, Hoffnung und dunklen Festungsmauern

Am 8. Mai 1945, also heute vor genau 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg mit der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands. In Ulm suchten Tausende Zuflucht in der Wilhelmsburg.

Ulm, 1945: Der Zweite Weltkrieg ist vorbei, doch für viele beginnt ein neuer Überlebenskampf. Die Stadt liegt zu 80 Prozent in Schutt und Asche, Wohnungen sind kaum noch vorhanden. In dieser verzweifelten Lage wird die Wilhelmsburg zur letzten Rettung: eine mächtige Festung auf dem Michelsberg, ursprünglich für Soldaten erbaut – nun Zufluchtsort für bis zu 4.500 Menschen.

80 Jahre Kriegsende: Zuflucht Ulmer Wilhelmsburg

Frühjahr 1945: Noch während die letzten Bomben fallen, leben auf der Wilhelmsburg rund 1.200 polnische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter. Sie wurden vom NS-Regime ein Jahr zuvor mit dem Telefunken-Werk aus Lodz nach Ulm verlagert und mussten bis kurz vor Kriegsende unter schwersten Bedingungen Röhren für Funkgeräte produzieren.

Mai 1945: Mit der Kapitulation Deutschlands endet der Zweite Weltkrieg – aber in Ulm beginnt eine Zeit der Not. Enteignungen und Zwangsumquartierungen folgen. Familien, darunter auch ehemalige Parteimitglieder, verlieren ihre Wohnungen. Innerhalb weniger Tage werden viele in die Wilhelmsburg verlegt, oft ohne zu wissen, wie lange sie dort bleiben würden.

Sommer 1945: Die Zwangsarbeiter verlassen die Burg – ausgebombte Ulmer ziehen ein. Auch Heimatvertriebene aus Südosteuropa, darunter donauschwäbische Flüchtlinge aus Ungarn, kommen hinzu. Die alte Militäranlage verwandelt sich notgedrungen in eine provisorische Stadt. In den dunklen Kasematten und engen Kammern richten sich Familien mit einfachsten Mitteln ein: Holzöfen, Wasser nur im Hof, kaum Privatsphäre.

Ende der 1940er: Aus einer Notlösung wird Alltag. Kinder wachsen in der Festung auf – für sie wird die Burg auch zum Abenteuerspielplatz. Gleichzeitig prägen Hunger, Kälte und Enge das Leben. Nach und nach entsteht eine eigene Infrastruktur mit Schule, Kindergarten, Läden und sogar einem Friseur.

1950er Jahre: Was als Übergang gedacht war, dauert bei vielen Familien bald Jahre. Die Wilhelmsburg wird zum Symbol für den Überlebenswillen einer Stadt – und zum stummen Zeugen jener Zeit, in der sich Ulm aus der Asche erhob.

Heute, 80 Jahre später, erinnern sich ehemalige Bewohner an Entbehrung und Gemeinschaft, an Verlust und Neubeginn. Ihre Geschichten zeigen: Der Krieg war mit der Kapitulation nicht vorbei – er hallte in den Lebensläufen und Mauern der Wilhelmsburg noch lange nach.

Wer mehr erfahren will, kann das im Stadtarchiv Ulm oder beim Förderkreis Bundesfestung Ulm e.V.

Das könnte Dich auch interessieren

17.12.2024 Bitteres Jubiläum: Die Zerstörung Ulms jährt sich zum 80. Mal Es war der 17. Dezember 1944: Das alte Ulm wurde im zweiten Weltkrieg dem Erdboden gleichgemacht. 22.10.2025 Nach Buch, Theater und Film: Gedenktafel für Ulms legendären Nachtclub "Aquarium" Am Sonntag, den 9. November, wird eine Gedenktafel mit einem Stern in der Mitte im Stil des „Hollywood Walk of Fame“ für den legendären Ulmer Nachtclub „Aquarium“ in der Kohlgasse 20 feierlich im Boden eingelassen. Der Nachtclub war von 1966 bis 1999 ein Hotspot für Stars wie Freddie Mercury, Nina Hagen oder Udo Jürgens. Selbst 13.09.2025 Lesungen mit Simone Schulz: zwischen lokaler Geschichte und gesellschaftlicher Gegenwart Die Künstlerin und Autorin Simone Schulz lädt im September und Oktober zu zwei besonderen Lesungen ein. In atmosphärischen historischen Kulissen liest die gebürtige Biberacherin aus ihren Romanen, die sich tief mit regionaler Geschichte, Kunst und menschlichen Schicksalen auseinandersetzen. Lesung im Kalkofenmuseum Untermarchtal Den Auftakt macht am kommenden Sonntag, den 14. September um 14 Uhr eine 12.09.2025 Buch erschienen: Fusion des Evangelischen Kirchenbezirks Blaubeuren und Ulm Am 31. Dezember 2025 endet nach 469 Jahren eine Ära: Der Evangelische Kirchenbezirk Blaubeuren fusioniert mit dem Kirchenbezirk Ulm. Ein Schritt mit Weitblick, der unter dem optimistischen Motto ‚Auf geht`s!‘ steht. Diese Verbindung markiert nicht nur das Ende einer langen eigenständigen Geschichte, sondern auch den Beginn einer neuen, aufregenden Phase. Um diesen Abschied angemessen zu