Blaubeuren verbannt die Autos aus der Altstadt. Der Gemeinderat hat beschlossen, die Karlstraße ab der Kreuzung Weilerstraße bis zur Klosterstraße Kreuzung Hirschgasse permanent zur Fußgängerzone zu machen. Zuvor war bereits testweise eine Fußgängerzone eingerichtet worden, welche nur am Wochenende galt. Mit dieser Hybridlösung ist jetzt Schluss.
Die neue Entscheidung der Stadt trifft aber nicht nur auf Zustimmung, Robin Dukek ist Besitzer eines Elektronikladens – der jetzt in der neuen Blaubeurer Fußgängerzone liegt - ist eigentlich auf die Parkplätze bzw. Erreichbarkeit mit dem Auto angewiesen.
Wir als Elektronikfachhandel, der auch große Waren verkauft, sind darauf angewiesen das Leute zu uns kommen, dass ist für uns Existenzbedrohend.
Es sind im Entwurf auch Ladezonen und eine kleine Gasse als Zufahrtsweg geplant, laut Dukek ist das aber nicht ausreichend. Blaubeurens Bürgermeister Jörg Seibold sieht die Vorteile einer autofreien Innenstadt:
Wir wollen in der Innenstadt neben der Funktion Aufenthaltsqualität [...] auch das Thema Wohnen in der Altstadt bedienen.
Blaubeuren ist nicht die einzige Stadt, die vermehrt auf Fußgängerzonen setzt. Eine ganz ähnliche Diskussion ist auch schon in der Herrenkellergasse in Ulm entbrannt. Ziel ist es, die sterbenden Fußgängerzonen wiederzubeleben. Denn nicht erst seit der Coronapandemie steht viel Ladenfläche leer. Die Idee ist zunächst selbsterklärend, wer möchte schon in einem netten Café in der Innenstadt einen Kaffee trinken, wenn die ganze Zeit Autos an einem vorbei brausen. Auf der anderen Seite müssen auch die oben angesprochenen Händlerinteressen bedacht werden. Niemand kauft eine Waschmaschine in der Innenstadt, wenn er sie mehrere hundert Meter zu seinem Auto schleppen muss und dieses Problem greift auch schon bei deutlich kleineren und leichteren Einkäufen.
DONAU 3 FM Moderator Felix Achberger hat mit Anwohnern, Händlern und Blaubeurens Bürgermeister Jörg Seibold gesprochen:
Auf der einen Seite steht also die Gastronomie, die idyllischere Fußgängerzonen, ohne Motorenlärm und Benzingestank will und dass ihre Kunden und deren Kinder draußen sitzen können, ohne, dass die Eltern Angst haben müssen, dass ihre Sprösslinge überfahren werden. Auf der anderen Seite der Einzelhandel, der sich gegen den Onlinehandel behaupten muss und Einkaufen somit so bequem wie möglich gestalten will. Da braucht der Einzelhandel zumindest das Angebot, mit dem Auto vorfahren zu können, damit niemand laufen und schleppen muss.
Es ist aber falsch anzunehmen, dass Einzelhandel und Gastronomie in Konkurrenz zueinanderstehen. Tatsächlich ist es eine Symbiose, denn allein für das Einkaufen geht niemand mehr in die Fußgängerzone, dafür ist die Auswahl und die Bequemlichkeit beim Online-Shopping viel zu groß. Kunden gehen für das Ambiente in die Innenstädte, sagt eine Studie des IFH, dem Institut für Handelsforschung Köln. Genau dieses Ambiente wird aber durch fehlende Autos und vielseitige gastronomische Angebote hergestellt. Gut laufende Gastronomie sorgt also für viele Kunden in den Läden und andersherum. Die Schwierigkeit bleibt darin, den Mittelweg zwischen Ambiente und Mobilität zu finden.