Die Stadt Ulm und die Firma Max Wild haben nun die Planungen zum Rückbau vorgestellt. Eine Brücke mit 28 000 Tonnen Gewicht wird auseinandergeschnitten und recycelt. Die auffälligsten Arbeiten starten im Februar. Baubürgermeister Tim von Winning betonte die Komplexität des Vorhabens. „Man muss sich mit dem Abbruch mindestens genauso beschäftigen wie mit dem Neubau“, sagte er. Das Projekt sei eine „beeindruckende Maßnahme“.
Frank Rödel, Baustellenkoordinator der Stadt Ulm, nutzte die Gelegenheit und zog eine erste Bilanz zur Sperrung. „Das Fazit der Stadt ist positiv“, sagte er. Der Verkehr laufe stabil. Zähfließender Verkehr in den Spitzenzeiten sei normal. Das befürchtete Verkehrschaos sei ausgeblieben.
Stefan Scholz ist Projektleiter bei Max Wild. Er spricht lieber von „Rückbau“ statt von „Abbruch“. Es gehe um einen kontrollierten Prozess. Die Brücke führt über 14 Bahngleise. 80.000 Fahrzeuge rollen hier täglich. „Das erfordert maximal präzise Vorplanung und Arbeiten rund um die Uhr“, erklärt Scholz. Ein riesiges Traggerüst wird die Brücke stützen. 850 Tonnen Material, aufgebaut von knapp 100 Mitarbeitern in zwei Wochen, Tag und Nacht wird gearbeitet. Dann kann die Wallstraßenbrücke in 52 Segmente zerschnitten werden. Ein Raupenkran, fast so hoch wie das Ulmer Münster, hebt die Teile aus. Das schwerste wiegt 480 Tonnen. „Wir bewegen hier 28.000 Tonnen Stahlbeton“, so Scholz.
Die Arbeiten sind heikel. Züge müssen nachts zur Werkstatt, daher wird über ein Gleis eine Art Tunnel gebaut und die Zufahrt zur Werkstatt gesichert. Das Gerüst wird über allen anderen Gleisen um die Fahrleitungen herumgebaut. Ein 3D-Modell hilft bei der Planung. Selbst bei minus 15 Grad wird gearbeitet. Das Sägewasser wird dann beheizt. „Termine sind einfach fix“, sagt Scholz.
Die erste Woche der Sperrung verlief glimpflich. „Keine vollständige Überlastung“, meldet Rödel. Doch es gibt Knackpunkte. Der Berliner Ring ist zäh. Im Lehrer Tal bremst eine Pförtnerampel bewusst den Verkehr. Sie schützt die Anwohner. Autofahrer, die in die Anliegerstraßen abkürzen, riskieren ein Bußgeld von 50 Euro. Die Umleitungen über die Stuttgarter Straße und Heidenheimer Straße funktionieren gut. An der Kienlesbergbrücke gibt es Probleme. Autofahrer blockieren im Stau immer wieder die Gleise. Die Straßenbahn wird behindert. Die Stadt will aber auch in Details an den Ampelschaltungen nachsteuern.
Nach der Wallstraßenbrücke folgt ab März der Abbruch der Blaubeurer-Tor-Brücke, das ist eine weitere Herausforderung mit ganz anderen Bedingungen. Das historische Blaubeurer Tor wird komplett in Folie eingepackt. Die Brücke wird anschließend mit 40 Hydraulikpressen um 75 Zentimeter angehoben. Dann wird die Brücke in Segmenten zersägt und abgetragen. Eine Recyclingquote von über 99 Prozent wird bei beiden Brücken angestrebt.
Die Stadt plant auch, die Baustelle für die Bürger erlebbar zu machen. Es wird Foto-Points und Führungen geben. Eine Baustellen-Sprechstunde ist geplant. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass es eine Form von Tourismus gibt“, meint von Winning. Er freut sich auf das Projekt, trotz des „echt herausfordernden Zeitplans“.