Bad Waldsee: Notarzt erklärt Mann fälschlicherweise für tot – Freispruch

Ein Notarzt erklärt einen Mann für tot, obwohl dieser zu dem Zeitpunkt noch lebte. Warum der Mediziner trotzdem freigesprochen wurde.

Nachdem er einen Patienten fälschlicherweise für tot erklärt hatte, ist ein Notarzt freigesprochen worden. Der Mediziner stand wegen unterlassener Hilfeleistung vor dem Amtsgericht Bad Waldsee (Landkreis Ravensburg). Das Gericht sprach ihn frei. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der erfahrene Mediziner war im Juli 2023 zu einem mutmaßlichen Suizid in einem Wohnhaus in Bad Waldsee gerufen worden. Ein 69-Jähriger hatte eine massive Kopfverletzung. Er hatte laut Gericht zuvor selbst den Notruf gewählt.

Laut dem Notarzt waren keine Lebenszeichen mehr erkennbar. Der Mann habe sich weder bewegt noch geatmet oder sonst reagiert, sagte der Angeklagte vor Gericht. Auch einen Puls habe er nicht spüren können. Die Kopfverletzung sei so erheblich gewesen, dass sie nicht mit dem Leben vereinbar gewesen sei. Auf dieser Grundlage habe er einen vorläufigen Todesschein erstellt.

Polizisten bemerken Lebenszeichen
Kurz danach bemerkten Polizisten jedoch Lebenszeichen, wie einer von ihnen vor Gericht aussagte. Sie wiesen den Notarzt darauf hin. Der Mediziner interpretierte die Reaktionen als postmortale Zuckungen. Als er wieder nachgesehen habe, seien diese nicht mehr zu sehen gewesen, sagte er. Später stellte sich heraus: Der Mann lebte zu diesem Zeitpunkt noch. Er starb erst zwei Stunden später im Krankenhaus.

Die Staatsanwaltschaft hatte dem Arzt vorgeworfen, trotz der Hinweise auf Lebenszeichen keine weitere Hilfe geleistet zu haben – so wie es seine Pflicht gewesen wäre. Sie forderte eine Verurteilung von 120 Tagessätzen à 200 Euro. Gegen einen entsprechenden Strafbefehl legte die Anwältin des Mediziners Einspruch ein.

Gericht folgt der Argumentation der Verteidigung
Die Verteidigerin plädierte auf Freispruch. Ihr Mandant habe sein Leben in den Dienst seiner Patienten gestellt. Er sei seit mehr als 30 Jahren Notarzt. «Er hätte geholfen, wenn er erkannt hätte, dass der Mann Hilfe gebraucht hätte.»

Selbst erklärte der 64-Jährige vor Gericht, dass er den unglücklichen Verlauf sehr bedauere. Das Wohlergehen seiner Patienten liege ihm am Herzen. Aktuell arbeite er als Leitender Oberarzt in einer Klinik. Nach dem Urteil zeigte er sich erleichtert.

Das Gericht folgte der Argumentation der Verteidigung: Der Arzt habe nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. «Der Angeklagte ist berechtigt davon ausgegangen, dass der Mann tot war», sagte der Richter. Auch ein medizinischer Sachverständiger erklärte, dass die Verletzungen mit dem Leben nicht vereinbar gewesen seien.

Sachverständiger sieht kein Fehlverhalten
Der Notfallmediziner sagte vor Gericht, dass sich der Angeklagte an die Leitlinien gehalten hätte. «Ich hätte vermutlich auch so gehandelt.» Zu beanstanden hatte der Sachverständige nichts. «Das ist korrekt gelaufen.» Postmortale Bewegungen seien nicht selten.

Der Experte geht davon aus, dass der Körper des 69-Jährigen zunächst in einer Art Schockstarre war, als der Notarzt den Tod festgestellt hatte. Die Verletzungen seien trotz der Lebenszeichen höchstwahrscheinlich irreparabel gewesen. Da es keine Obduktion gegeben habe, könne das nicht abschließend geklärt werden.

Gericht: Tragischer Diagnoseirrtum
Hinweise auf vorsätzliches oder strafbares Verhalten sah das Gericht nach den Ausführungen nicht. Es habe sich um einen tragischen Diagnoseirrtum gehandelt.

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