Vom Amtsgericht über das Feriendomizil bis hin zum privaten Wohnhaus – der Bezirk Schwaben zeichnet in diesem Jahr ganz unterschiedliche Gebäude mit seinem Architekturpreis sowie dem Denkmalpreis aus. Am 3. Mai überreichte Barbara Holzmann, Bezirksrätin und Stellvertreterin des Bezirkstagspräsidenten Martin Sailer, im Gasthof Hirsch in Rettenberg-Vorderburg die Auszeichnungen. „Mit unserem Architektur- und unserem Denkmalpreis wollen wir als Bezirk dazu beitragen, unsere schwäbischen Gemeinden lebendig zu halten. Baukultur nimmt ganz maßgeblich Einfluss auf das gesellschaftliche und kulturelle Leben vor Ort und kann sehr bereichernd darauf einwirken“
Die diesjährigen Preisträger und Preisträgerinnen haben hier Außerordentliches geleistet.
so Holzmann. Den Architekturpreis erhalten Michael und Julia Staudinger für das „B&B d’Kammer“ in Kronburg (15.000 Euro), Steffi Thierheimer für den Umbau der Wohneinheit „Schwarze Scheune“ in Bodolz (5.000 Euro) und der Freistaat Bayern, vertreten durch das Staatliche Bauamt Kempten, für seinen Erweiterungsneubau am Amtsgericht Kaufbeuren (undotiert). Der Denkmalpreis geht an die Familie Hochkofler (15.000 Euro) für die Restaurierung eines ehemaligen Bauernhauses in Pfronten-Dorf. Des Weiteren erhalten Anna Kern und Sebastian Heinzelmann mit dem Denkmalpreis 10.000 Euro für die Restaurierung des Vöhlinschlosses in Lauben-Frickenhausen sowie Susanne Steinel und Raimund Gabriel 5.000 Euro für die Restaurierung des Anwesens Holzbaur in Mindelheim. Einen Anerkennungspreis (undotiert) erhält das Staatliche Bauamt Krumbach für die Restaurierung des Schlosses Günzburg.
Der Architekturpreis würdigt Gebäude mit hohem kulturellen Wert, die typische regionale Strukturen enthalten beziehungsweise diese modern interpretieren. Soziale und ökologische Gesichtspunkte spielen bei der Preisvergabe eine große Rolle. Insgesamt 28 Bewerbungen gingen ein. Nach einer Vorauswahl besichtigte die Jury neun Objekte vor Ort. Der Architekturpreis wird zum zweiten Mal verliehen. Sieben Vorschläge reichten die Kreis- und Stadtbauverwaltungen, das Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und die Heimatpfleger für den Denkmalpreis ein. Auswahlkriterien sind die fachliche Qualität der Maßnahme, das finanzielle Engagement der Eigentümer, die Kreativität bei der Durchführung und die Bedeutung des Denkmals. Der Denkmalpreis wird 2024 zum 22. Mal verliehen.
Mit einem Preisgeld in Höhe von 15.000 Euro würdigt der Bezirk das „B&B d’Kammer“ in Kronburg (Landkreis Unterallgäu) von Michael und Julia Staudinger. Das Ehepaar erschuf aus dem ehemaligen Bauernhof ein Feriendomizil mit authentischem Flair. Der Umbau erfolgte weitgehend nachhaltig: Natürliche Baumaterialen wie Holz, Kalkputz, Hanfkalkstein und Ziegel sorgen für Langlebigkeit. Wo es möglich war, reparierten die Bauherren Bauteile und verwendeten sie erneut. Das Projekt „B&B d´Kammer“ zeigt vorbildlich, wie eine alte Hofstelle mit einer zukunftsfähigen Nutzung wiederbelebt wird und somit attraktiv zur Verbesserung der dörflichen Struktur beitragen kann.
Für ihren Umbau einer landwirtschaftlichen Scheune in eine Wohneinheit, bestehend aus Wohnraum und Lagerraum, erhält Steffi Thierheimer aus Bodolz (Landkreis Lindau) ein Preisgeld in Höhe von 5.000 Euro. Unter Federführung des Architekten Sebastian Felix Ernst (ERNST – officeforarchitecture, Berlin) ist ein nachhaltiger Ausbau entstanden. Die Bauherrin achtete beim Umbau auf Nachhaltigkeit, verwendete beispielsweise schadstoffarme Bauprodukte, nutzte weitestgehend die Bestandsstruktur, dämmte mit Holzfaserplatten und ließ so ein energetisch optimiertes Gebäude entstehen. Das Projekt Wohnhaus „Schwarze Scheune“ ist ein Ansatz dafür, wie Bauherrinnen und Bauherren mit einem außergewöhnlichen Konzept Wohnraum schaffen, Flächenverbrauch vermeiden und einem alten Gebäude neues Leben einhauchen können.
Der Freistaat Bayern, hier vertreten durch das Staatliche Bauamt Kempten, erhält für seinen Erweiterungsneubau des Amtsgerichts Kaufbeuren den undotierten Architekturpreis des Bezirks Schwaben. Das Gebäude und seine Funktion erfüllen in architektonischer und in ökologischer Hinsicht gleich mehrere Kriterien, die für die Preisvergabe relevant sind. Dem Architekturbüro löhle neubauer architekten aus Augsburg ist es gelungen, den zurückgesetzten Neubau so zu konzipieren, dass er sich harmonisch zwischen den historischen, denkmalgeschützten Gebäuden einfügt. Die klare architektonische Haltung des Erweiterungsneubaus überzeugte die Jury ebenso wie die Lage, das Material, seine Struktur im Inneren und dass der Neubau sich unaufdringlich in die bestehenden Denkmalgebäude einreiht.
Laut Denkmalliste 1479 errichtet, weist das ehemalige Bauernhaus in Pfronten-Dorf eine wechselvolle Geschichte auf. Es diente als Tafernwirtschaft mit Brauereirecht, landwirtschaftliche Hofstelle und zuletzt als reines Wohngebäude. Die Jury beeindruckte, wie behutsam die Familie Hochkofler bei ihrer Sanierung vorging. Sie berücksichtigte stark die Raumaufteilung und setzte sich intensiv mit der Baugeschichte des Hauses auseinander. So konnten beispielsweise die historisch überlieferte Tennendurchfahrt erhalten und fehlende historische Verbindungselemente ergänzt werden. Das am Dorfweiher gelegene Haus ist ortsbild- und stilprägend. Laut Jury sind die Restaurierungsmaßnahmen beispielhaft für den Umgang mit einem derartigen Objekt.
Das Vöhlinschloss verfiel seit Jahrzehnten, bevor Anna Kern und Sebastian Heinzelmann sich an dessen Restaurierung wagten. Sie setzten das Gebäude
innen wie außen umfangreich instand. Dabei legten sie ein großes Augenmerk auf den Erhalt historischer Elemente. Der Jury gefiel es, dass die Bauherrin und der Bauherr ein Objekt erhielten, das stellvertretend für die soziale Ordnung der Frühen Neuzeit in Schwaben steht. Die Memminger Patrizierfamilie Vöhlin errichtete sich 1492 mit dem Bau des Schlosses einen Landsitz nach italienischem Vorbild. Die Jury lobte, dass die Restaurierung und Instandsetzung des Gebäudes in einer Qualität durchgeführt wurden, die in dieser Form nicht nur vorbildlich, sondern herausragend exemplarisch sind.
Susanne Steinel und Raimund Gabriel haben mit der Sanierung des Anwesens Holzbaur in Mindelheim ein lokalgeschichtlich und kunsthistorisch bedeutsames Gebäude erhalten. Die Eigentümerin und der Eigentümer gingen bei der Sanierung kreativ bei der Raumgestaltung und dem Nutzungskonzept vor, was die Jury besonders würdigte. Sie beeindruckte beispielsweise, wie eindrucksvoll die Stadtmauer restauriert wurde, die innerhalb des Gebäudes verläuft. Auch alle Malereien des Kunstmalers Erwin Holzbaur, der im 20. Jahrhundert dort lebte, wurden erhalten. Die Bauherrin und der Bauherr achteten darauf, dass moderne Technik wie Photovoltaik-Folien auf dem Dach und eine Grundwasserwärmepumpe behutsam integriert wurden.
Das Schloss Günzburg war einst eine Residenzanlage der Habsburger und stammt aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Dem Staatlichen Bauamt Krumbach ist es mit der Instandsetzung gelungen, zerstörte historische Strukturen und Bauelemente zu restaurieren, konservieren und inszenieren. Dabei wurde hochwertige Ausstattung entdeckt und aufgearbeitet. Fehlende Bauteile wurden durch neue Interpretationen ersetzt. Das Schloss ist heute wieder ein historischer Ort und deutlich sichtbar im Stadtbild. Die Instandsetzung hat zudem eine Fülle an neuen Erkenntnissen zum Gebäude erbracht. Gerade weil ein Großteil der historischen Bausubstanz verloren war, sind die Arbeiten am Objekt laut Jury bemerkenswert. Sie würdigt, dass ein Ort schwäbischer Geschichte wiederhergestellt wurde.