Momentan wird überall darüber gesprochen: Die Explosion in Beirut. Eine sehr große Menge Ammoniumnitrat war wahrscheinlich der Grund für die Katastrophe. Was aber genau der Grund für solch eine Explosion war und was diesen Stoff so gefährlich macht, konnte uns Professor Carsten Streb von der Uni Ulm im Interview beantwortet.
Über 130 Tote, 5.000 Verletzte und 250.000 Menschen sind obdachlos. Und die am häufigsten gestellte frage lautet: Wie konnte das passieren?
„Das Problem mit den sogenannten Ammoniumnitrat ist, dass es eigentlich ein fachgerecht leicht handhabbares Material ist. Was wir bisher aus Berichten wissen ist, dass mehrere tausend Tonnen des Materials nicht fachgerecht gelagert wurden. Das Material kam per Schiff in Beirut an und niemand hat sich mehr darum gekümmert. Es wurde unter den falschen Bedingungen in einer Lagerhalle eingelagert und den Leuten war nicht klar, dass dies auf längerem Zeitraum zu großen Problemen führen kann.“
Streb vermutet, der Grund für die Explosion selbst war eine so genannte Initialexplosion. Das bedeutet, durch eine kleine Explosion daneben kann sich die Energie übertragen und das Nitrat selbst zum explodieren bringen.
Hergestellt wird es, weil es günstig produzierbar ist und dementsprechend auch gut in der Agrarindustrie einsetzbar ist.
„Ammoniumnitrat wird weltweit im 20-Millionen-Tonnen-Maßstab hergestellt. Es ist zum Beispiel auch im ganz normalen Blaukorndünger enthalten, den viele selbst im Keller haben.“ Dementsprechend ist das in der Mischung mit anderen Substanzen ein vollkommen unproblematischer, chemischer Rohstoff.
Normalerweise muss das Material als Reinstoff leicht feucht gelagert werden. „Wenn nicht dafür gesorgt wird, dass das Nitrat feucht bleibt, wird es nach einer Weile natürlich austrocknen. Wenn das passiert, bekommt man reinstes Ammoniumnitrat, welches dann auch wirklich zur Explosion gebracht werden kann.“
Allerdings handelt es sich hier nicht um den ersten Unfall mit dem Stoff. Laut Streb gab es in den letzten 100 Jahren viele Unfälle mit dem Stoff und auch sehr ähnlichen Schäden.
Die Substanz wird auch hier in Deutschland in großen Fabriken und für Düngemittel in großen Mengen hergestellt. Es stellt sich die Frage ob eine solche Katastrophe auch hier möglich wäre. „In Deutschland ist es aber sehr gut geregelt, wie man mit Ammoniumnitrat umgeht. Mittlerweile hat man auch eine bessere Lösung gefunden als das Feuchthalten: nämlich das direkte Mischen mit anderen Komponenten von Düngemitteln.“ Sagt Streb. „Dann erhält man eine Mischung die man wirklich ewig lagern kann, weil es dann nicht mehr das Problem gibt, dass das Wasser langsam ausdampft und das Material langsam austrocknet.“