Samstagmorgen kurz nach acht Uhr fährt ein Rettungswagen nach dem anderen am Standortübungsplatz Lerchenfeld der Bundeswehr in Dornstadt vor. Noch ist alles ganz ruhig, in einer langen Schlange sammeln sich die Fahrzeuge über dem Nordportal des neuen Bahntunnels, in den Fahrzeugen sitzen die Auszubildenden im dritten Lehrjahr der DRK-Landesschule. Auf dem Bundeswehrgelände machen sich gleichzeitig 28 Mimen bereit, die die Opfer des Drogenmissbrauchs spielen sollen. Wahnvorstellungen sind die Folgen der synthetischen Droge, die die Leiterin einer Fortbildung verteilt hat. Der eine oder andere bildet sich ein, fliegen zu können und landet schwerverletzt auf dem Boden der Realität und des Lerchenfeldes.
Am Anfang wissen die Azubis das alles noch nicht, denn der Einsatz beginnt wie jeder Einsatz mit einem Notruf. Auch in der Übungsleitstelle sitzen heute die Auszubildenden und ein erfahrener Disponent der Rettungsleitstelle Ulm hat ein Auge auf sie. Die Anruferin meldet nur einen Bewusstlosen, daher fährt auch erst einmal nur ein Rettungswagen zum Notfallort, um diesem Menschen zu helfen. Vor Ort müssen die Auszubildenden dann innerlich sofort umschalten von der Individualversorgung eines einzigen Patienten hin zum Massenanfall von Verletzten.
Dorothea Gansloser, Lehrkraft an der Schule, hat gemeinsam mit Kollegen von der Schule und aus dem Rettungsdienst die Übung organisiert. Die Schüler müssen nun alles das, was sie in den letzten Jahren gelernt haben, zur Anwendung bringen. Die Besatzung des ersten Rettungswagen kann erst einmal nur zählen, wie viele Verletzte es gibt, denn ohne weitere Unterstützung ist die Lage nicht zu beherrschen. Der Einsatzleiter Rettungsdienst wird ebenfalls alarmiert, gemeinsam mit dem leitenden Notarzt sichtet er die Verletzten und ordnet sie nach dem Schweregrad ihrer Verletzungen in Kategorien ein. Künstliches Blut und künstliche Wunden aus Wachs lassen alles echt aussehen, nun müssen schnell die richtigen Entscheidungen getroffen werden.
Die zusätzlichen Rettungswagen brauchen Platz zum Parken, die Verletzten müssen irgendwo sortiert abgelegt werden, damit man sie erstversorgen kann. Auch wenn es eine Übung ist, so wird es hektisch. Die Übungsleitstelle muss geeignete Krankenhäuser und dort ausreichend Betten finden, es wird viel telefoniert.
Der heiße Tag führt dann zu einem ganz realen Problem, denn einigen Übungsopfern wird es an der Verletztensammelstelle in der prallen Sonne viel zu heiß. Nun muss ein Teil der Sammelstelle in den Schatten umziehen. Während Entscheidungen gefällt werden und Bewusstlose in die stabile Seitenlage gedreht werden, steht immer irgendwo in einer grauen Weste eine Lehrkraft oder ein Dozent und schaut genau hin, ob die Entscheidungen richtig sind. Übernächste Woche wird die Übung nachbesprochen, aber Dorothea Gansloser ist schon am Samstag hochzufrieden mit dem Übungsergebnis.
Knapp zwei Stunden dauert es, bis der Übungsplatz wieder leer ist, eine normale Zeit auch für einen realen Einsatz, doch damit ist noch nicht Feierabend. Nach einer kurzen Mittagspause geht es an anderer Stelle im Lerchenfeld weiter. Die ehrenamtlichen Helfer der Einsatzeinheit 1 des Ulmer Bevölkerungsschutz hat in Zelten einen Behandlungsplatz für 25 Verletzte aufgebaut. Hier wird noch einmal geübt, denn anders als unter freiem Himmel bestehen in den Zelten viel bessere Möglichkeiten zur Versorgung. Durch diese vorgelagerte Behandlung können Kliniken vor Überlastung geschützt werden und die Opfer auch für längere Transporte in entferntere Kliniken fit gemacht werden. Auch hier müssen die Azubis gemeinsam mit den ehrenamtlichen DRK-Helfern anpacken. Der Schweiß in den Gesichtern und der Sonnenbrand im Nacken zeigen auch hier die Ernsthaftigkeit, mit der sich die Auszubildenden auf ihren Beruf als Notfallsanitäter vorbereiten. Im Sommer beginnt schon die Prüfungsphase und ab Herbst werden die Übenden als geprüfte Notfallsanitäter verantwortlich auf den Rettungswagen der Region eingesetzt.