Hier können Kinder Roboter-Meerschweinchen streicheln

Booboo

Joshi liebt Süßigkeiten, Milli hasst die Dunkelheit: In einem «Elektronischen Streichelzoo» in Karlsruhe leben Wesen, die Tieren ziemlich ähnlich sind. Aber eben nur fast. Was es damit auf sich hat.

Sie schnurren, sind flauschig und erinnern an eine Art Meerschweinchen, Kaninchen oder Chinchilla. In ihnen steckt aber smarte Technologie. Die «Booboos» reagieren auf Ansprache oder Klatschen – und sind seit kurzem in einem «Elektronischen Streichelzoo» im Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) Karlsruhe zu sehen. Kinder sollen an eine Frage herangeführt werden, die immer wichtiger werden dürfte: Ist es lebendig – oder tut es nur so?

Die eitle Coco und der penible Dieter

Die zehn Wesen haben Namen und sogar Charaktereigenschaften bekommen. So stellt das ZKM Milli – grau mit dunklen Ohren – als Professorin für Elektronik vor, die die Dunkelheit hasse. Dieter in Hellbraun mit umgebundener Fliege sei sehr penibel und liebe Ordnung. Sein heimliches Vorbild: Taylor Swift.

Die schläfrige Lola spiele gern Verstecken, während Coco mit Rentiergeweih manchmal ein bisschen eitel sei und sich oft stundenlang im Spiegel betrachte. Joshi wiederum trägt ein Sheriff-Hütchen auf dem plüschigen Kopf. Er liebe Süßigkeiten über alles: «Wenn jemand ihm heimlich ein paar Bonbons anbietet, glitzern seine Augen, und er vergisst für einen Moment sogar seine Pflichten.»

Auch Erwachsene dürfen die «Booboos» streicheln

Den «Elektronischen Streichelzoo» können Interessierte bis Anfang August kostenlos mittwochs bis freitags von 14.00 bis 18.00 Uhr sowie am Wochenende zwischen 11.00 und 18.00 Uhr für je eine halbe Stunde besuchen. Gerade Kinder im Vorschulalter sollen den Angaben nach mit den «Booboos» spielen. Aber auch Erwachsenen bleiben die Roboter-Meerschweinchen nicht vorenthalten.

«Ich find’s schön, weil er sich auch ankuschelt», sagt die elfjährige Mathilda über einen «Booboo». Ihr echtes Haustier würde sie vorziehen. «Aber ich glaube, dass es sehr wichtig ist für Leute, die Allergien haben oder die sich einsam fühlen in Altersheimen oder so – ich glaub‘, da wär‘ es schon ganz praktisch.» Mathildas Mutter Almut Werner sagt: «Ein künstliches Kuscheltier kann niemals ein echtes ersetzen.» Ihre 16-jährige Tochter habe sogar kritisiert, die Roboter-Wesen machten das letzte Stück Fantasie kaputt.

Dominique Damian-Papić, die mit der fünfjährigen Eleni im ZKM ist, geht auf die Unterschiede ein: «Um echte Tiere muss man sich auch gut kümmern.» Die «Booboos» hätten keine natürlichen Bewegungen von Tieren. Andererseits könne man mit ihnen ein bisschen ruppiger umgehen.

Mit Forschungsprojekt verknüpft

Ein Aspekt, den auch Projektleiterin Tina Lorenz vom ZKM-Hertzlab betont: «Wenn ich das Roboter-Meerschweinchen fallen lasse, dann ist es ein Versicherungsfall, dann ist eine Maschine kaputtgegangen. Wenn ich ein echtes Meerschweinchen fallen lassen, dann habe ich etwas verletzt oder vielleicht sogar getötet, das mal am Leben war. Das ist ein fundamentaler Unterschied.» Ein Familienhund könne einem Menschen Zuneigung zeigen. «Ein Roboter-Meerschweinchen kann nur so tun, als wäre ich gemeint.» Es sei nur ein Sensor.

Mit dem «Elektronischen Streichelzoo» sollen gerade Kinder, die noch nicht lesen können, auch an das Thema Künstliche Intelligenz (KI) herangeführt werden. Das Prinzip sei bei den «Booboos» das gleiche, erklärt Lorenz: «Sie sind eine Maschine und wollen aber so tun, als wären sie ein kleines echtes Meerschweinchen. Genauso wie eine KI eben ein Algorithmus ist, der sagt: Ich höre dir zu, ich versteh‘ dich, brauchst du überhaupt noch echte Freunde?»

Erste KI-Generation

Heutige Kinder seien die erste Generation, die aufwachse und zu kommunizieren lerne, ohne zu wissen, ob auf der anderen Seite ein Mensch oder eine Maschine sitze. KI-basierte Sprachmodelle würden zunehmend zum Ersatz für Freunde und Partner, sagt Lorenz. «Da müssen wir als Gesellschaft darüber sprechen. Und Kinder mit ihren Eltern müssen darüber sprechen.»

Begleitet wird das Angebot daher durch ein Forschungsprojekt des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen den Angaben nach unter anderem herausfinden, wie Menschen mit Gegenständen umgehen, die Lebewesen simulieren. Die Forscher gehen der Frage nach, ob und wie Kinder im Kindergartenalter den Unterschied zwischen lebendigen Tieren und künstlich belebten Objekten erkennen und erlernen können.

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