Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (63, SPD) hat am Dienstag Dornstadt und Ulm besucht. Der Oberbefehlshaber der Bundeswehr nahm sich bei seiner Sommerreise fast einen ganzen Tag Zeit, um sich über die Arbeit des Sanitätsdienstes zu informieren. Gegen halb zehn Uhr morgens landete der Hubschrauber des Ministers in der Dornstadter Rommelkaserne. Das dortige Sanitätsregiment hatte einen umfangreiche Vorführung vorbereitet, wie die Rettungskette bei der Bundeswehr funktioniert.
Auf dem Standortübungsplatz Lerchenfeld ging es dann realistisch zu. Erst ein Regenschauer und dann Gefechtslärm, Schüsse, explodierende Granaten und Rauch, der aus dem Wald herausquillt. Ein gepanzertes Fahrzeug bring zwei verwundete Soldaten, die im Schutz eines Hauses erstversorgt werden. Danach geht es in einem gepanzerten Fahrzeug weiter in eine Art Notfallambulanz. Dort werden die Verletzten gesammelt und über ihre Weiterversorgung entschieden. Einige Zelte bieten Wetterschutz und beherbergen sogar einen Operationssaal. Ein Chirurg und ein Anästhesist machen dort, gemeinsam mit ihrem Team, den Verletzten fit für einen Transport aus dem Kampfgebiet in ein Krankenhaus.
Der Verletzte bekommt dort in der Vorführung auch eine Blutkonserve. Da das Team alle Hände voll zu tun hat, drückt Oberfeldarzt Florent Josse kurzerhand dem Verteidigungsminister die Blutkonserve in die Hand, damit das lebensrettende Blut in den Blutkreislauf des Verletzten fließen kann.
In Dornstadt bekam der Verteidigungsminister auch die sanitätsdienstliche Ausbildung der ukrainischen Soldaten im Rahmen der EUMAM-Mission gezeigt.
Am Nachmittag kam der Verletzte dann im Ulmer Bundeswehrkrankenhaus (BwK) die klinische Versorgung vorgeführt. Das BwK Ulm ist das größte Militärkrankenhaus in Süddeutschland und nicht nur für Soldaten da. Die über 500 Betten stehen zu einem großen Teil auch für die zivile Bevölkerung zur Verfügung. Pistorius lernte dabei, dass die Versorgung der Zivilisten auch ein wichtiges Training für die Soldaten ist, um dann im Auslandseinsatz ihre Kameraden versorgen zu können.
Das BwK ist auch ein akademisches Lehrkrankenhaus und so haben die Ärzte dort ihren Lehrauftrag ernst genommen. Im Schockraum, in dem die ersten lebensrettenden Schritte in der Notaufnahme durchgeführt werden, bekam der Minister das Ultraschallgerät in die Hand gedrückt und durfte den Bauchraum des Verletzten untersuchen. Unter fachkundiger Erklärung konnte keine Flüssigkeit im Bauchraum gefunden werden, ein wichtiges Indiz für den Schweregrad einer Verletzung.
Die Chirurgen zeigten ihre Versorgung im Operationssaal und auch dort musste der Verteidigungsminister mit anpacken. An einer Körperspende wurde das Anlegen eines externen Fixateurs demonstriert. Nach schweren Brüchen werden in einem ersten Versorgungsschritt die Knochen mit langen Schrauben von außen angebohrt und dann mit außenliegenden Stangen wieder so positioniert, dass sie zusammenwachsen konnten. Pistorius bekam den Bohrer in die Hand gedrückt und schraubte eine Bohrschraube in das Schienbein.
Hoch kompetent, hoch professionell und vor allem routiniert (Pistorius über die Ulmer Soldaten)
In seinem abschließenden Statement zeigte sich Pistorius beeindruckt von der Leistung des Sanitätsdienstes. Da aktuell auch über Landes- und Bundesverteidigung gesprochen werden muss, so verändert sich das Anforderungsprofil an den Sanitätsdienst. Die Soldaten der Bundeswehr sind nicht mehr nur in Kasernen stationiert, sondern sind in Krisensituationen unterwegs und auch muss der Sanitätsdienst optimal für sie sorgen. „Hoch kompetent, hoch professionell und vor allem routiniert“ lobte er die Soldaten, die er den Tag über bei ihrer Arbeit begleiten durfte. Der Sanitätsdienst der Bundeswehr sei, auch nach amerikanischer Meinung, einer der Besten der Welt.
Für Irritationen sorgte am Montag eine von einer Zeitung veröffentlichte interne Mitteilung des BwK, dass für die Zeit des Ministerbesuches keine Notfallpatienten angenommen werden würden. Die Verantwortlichen des BwK stellten das richtig. Es gab eine Vorabinformation an den Rettungsdienst und an die benachbarte Uni-Klinik, dass es zu geänderten Abläufen kommt. So wurde tatsächlich ein Teil der Notaufnahme abgesperrt, um für den Oberbefehlshaber der Bundeswehr auch die notwendige Sicherheit gewähren zu können.
Sicherheitsbeamte des Bundeskriminalamtes waren genauso wie Feldjäger unterwegs und auch Sprengstoff-Suchhunde schnüffelten vor dem Besuch. Um weiter die Patienten versorgen zu können, wurden die Notfälle nicht über den normalen Eingang ins BwK gebracht, sondern über eine Notausgangstür neben dem Zugang zum Dachlandeplatz. Gleichzeitig wurde die Aufnahmestation als Erweiterung der Notaufnahme genutzt. Während des Besuches des Verteidigungsministers, waren parallel über 25 Patienten zur Erstversorgung in der Notaufnahme.