Für jede Strecke, die eigenverantwortlich befahren werden soll, braucht ein Triebfahrzeugführer einen Nachweis über die Streckenkunde, dazu muss die Strecke viermal bei Tageslicht und zweimal bei Dunkelheit befahren werden. Nach einem Jahr ohne das Befahren der Strecke verfällt diese Streckenkunde und es darf nur noch mit maximal 100 Stundenkilometern gefahren werden. Zwischen Wendlingen und Ulm wird mit bis zu 250 Stundenkilometern gefahren und daher führt die Bahn rechtzeitig die Ausbildungsfahrten durch, um ab Dezember ausreichend streckenkundiges Personal zu haben. Gerade die zahlreichen Brücken und Tunnel stellen besondere Anforderungen, da ein Nothalt dort die Rettung der Fahrgäste erschweren kann. Bei einem dringenden Halt auf freier Strecke kann der Triebfahrzeugführer durch seine Streckenkunde einen geeigneten Platz wählen, zu dem auch der Rettungsdienst kommen kann. Und auch energiesparendes Fahren wird möglich, wenn der Lokführer weiß, wann Steigungen Schwung erfordern oder schon vor einem Gefälle die Antriebskraft reduziert werden kann.
In den nächsten Wochen werden weitere Fahrten mit Höchstgeschwindigkeit stattfinden, daher sind die Bahngleise der Neubaustrecke kein Ort für Ausflüge oder Selfies. Seit Ende Januar wird auch die Fahrleitung mit 15 000 Volt versorgt.
Gleichzeitig bereitet sich auch die Polizei auf die Inbetriebnahme vor. Ebenfalls am Dienstag war ein Polizeihubschrauber unterwegs, um mit Luftaufnahmen die Zufahrt zu den großen Brücken und Tunnels zu kartografieren. Gemeinsam mit Bahn, Feuerwehr und Rettungsdienst hat die Polizei umfangreiche Planungen betrieben, um bei Notfällen schnelle Hilfe zum Zug zu bringen. Asphaltierte Flächen an den Tunnels dienen als Aufstellflächen für Einsatzfahrzeuge. Feuerwehren entlang der Strecke haben spezielle Rettungsplattformen mit kleinen Eisenbahnachsen erhalten, mit denen Einsatzgerätschaften und Tragen an jede Einsatzstelle gebracht werden können. Feuerwehren mit längeren Tunnelstrecken auf ihrer Gemarkung haben Ausbildungen mit Langzeitatmern absolviert, diese Atemschutzgeräte bieten wesentlich längere Einsatzdauern als normale Atemschutzgeräte und werden zur Brandbekämpfung und Rettung aus verrauchten Tunnels benötigt.
Text/Foto: Thomas Heckmann