Kretschmann: Gasmangel-Lage kann mit Einsparungen vermieden werden

Gipfel mit Politik und Wirtschaft

Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos: Das ist das Signal des Gas-Krisengipfels in Stuttgart. Jede und jeder kann dazu beitragen, eine Mangel-Lage zu vermeiden. Zumindest solange durch Nord Stream 1 weiter Gas strömt.

Wenn Verbraucher, Wirtschaft und Kommunen ihren Gasverbrauch um ein Fünftel senken, kann das Land Baden-Württemberg im besten Fall eine Mangel-Lage im Winter vermeiden. Das ist das Ergebnis des Gasgipfels der Landesregierung, wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Montag in Stuttgart erklärte. «Wir haben es alle selbst in der Hand», sagte der Grünen-Politiker. Man sei auf den «Verstand und die Weitsicht der Bürgerinnen und Bürger angewiesen». Energieministerin Thekla Walker (Grüne) sagte, das Motto müsse nun sein: «Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.» Die Gasspeicher könnten dann soweit gefüllt sein, dass man gut über den Winter komme. Voraussetzung für dieses positive Szenario sei aber, dass durch die Gaspipeline Nord Stream 1 weiter 40 Prozent der Lieferkapazität fließe.

Kretschmann zeigte sich auch überzeugt, dass Baden-Württemberg bei einer echten Mangel-Lage nicht benachteiligt werde. Im Gespräch mit dem Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, habe man noch mal hinterlegt, dass die starken Unternehmen im Südwesten nicht die «Gekniffenen» sein dürften. Auch hier sei das Energiesparen eine wichtige Voraussetzung. «Ich bin zuversichtlich, dass das nicht eintreten wird, wenn wir das machen, was wir uns jetzt vorgenommen haben.» Walker erklärte: «Der Südwesten ist weder geografisch, noch was die Netzsituation angeht, abgehängt.» Es sei ganz schwer vorherzusagen, was bei einer Zuspitzung der Lage passiere.

Zu dem Gasgipfel im Neuen Schloss in Stuttgart waren etwa 40 Vertreter aus der Wirtschaft, von Gewerkschaften, Kommunen und Versorgern eingeladen. Kretschmann will das Land mit einer gemeinsamen Energiespar-Kampagne für den Fall vorbereiten, dass Russland als Reaktion auf die westlichen Sanktionen wegen des Angriffs auf die Ukraine seine Gaslieferungen an Deutschland weiter drosselt. Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte: «Die Lage ist sehr ernst». Noch halte man es für angebracht, mit Appellen an die Vernunft der Menschen zu arbeiten. Im Fall einer Notlage werde man dagegen mit Verboten und Geboten das Energiesparen durchsetzen müssen.

Netzagentur-Chef Müller, der per Video zum Gipfel dazugeschaltet war, hält das Ziel eines Gasspeicher-Füllstands von 90 oder 95 Prozent zum 1. November für unrealistisch. Im besten Fall seien maximal 80 bis 85 Prozent zu erreichen, sagte er nach Angaben von Teilnehmern. Derzeit liegt der Füllstand bei 65,9 Prozent. Er gab demnach zu bedenken, dass die Füllstände in vielen Nachbarländern niedriger seien. Das Ziel der Bundesregierung und der Netzagentur sei ebenfalls, 20 Prozent Gas einzusparen, um sich für den Winter vorzubereiten. «Wir liegen im Moment bei etwa 14 Prozent Einsparung. Ohne zusätzliche Anstrengung kommen wir da im Winter nicht hin», sagte Müller.

Der Chef der Netzagentur versicherte, dass man dafür sorgen wolle, eine Gasmangel-Lage in Deutschland zu verhindern. Auch habe er im Blick, dass der Süden nicht benachteiligt werde. Man arbeite daran, Gas aus Frankreich über das Saarland in den Süden zu transportieren. Grundsätzlich haben Privathaushalte bei Ausfällen der Gasversorgung Vorrang vor Unternehmen. Die Frage ist aber, welche Firmen als systemrelevant eingestuft und dann weiterversorgt werden. Hier werde es eine Plattform geben, auf der Unternehmen ihre Bedürfnisse einspeisen können, erklärte Müller.

EnBW-Chef Frank Mastiaux bekräftigte, es habe nun höchste Priorität, sich unabhängig vom Gas zu machen und die Erneuerbaren Energien stark auszubauen. Da reichten keine «Trippelschritte mit Ballettschuhen» mehr, sondern man müsse «Siebenmeilenstiefel» anziehen.

Kritik am Krisentreffen gab es von der oppositionellen FDP. Die Regierung habe die Chance verpasst, Unternehmen und Bevölkerung eine «Gasgarantie» zu geben, sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. «Es gab lediglich kleinteilige Verzichts- und Einsparvorschläge für Wirtschaft und Bevölkerung. Was ich aber vermisst habe, das sind effektive Maßnahmen zur Erschließung zusätzlicher Ressourcen.» Es sei überhaupt nicht über eine Verlängerung der Laufzeiten der drei Atomkraftwerke gesprochen worden. «Auch fehlt mir ein klares Bekenntnis dazu, Kraftwerke, die gasbetrieben sind, auf Öl umrüsten zu können», sagte Rülke.

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