Das Ulmer Landgericht blieb damit unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die für beide jeweils acht Jahre für angemessen hielt. Die Verteidiger der beiden Angeklagten hattenn dagegen vier Jahre für den Vater und zweieinhalb bis drei Jahre für den Sohn gefordert und dabei auch angeregt, die Strafe zur Bewährung auszusetzen. Die 1. Große Strafkammer machte es sich nicht leicht, ein gerechtes Urteil zu finden. In sieben Verhandlungstagen wurden die Taten beleuchtet, die Opfer befragt, das Verhältnis zwischen Vater und Sohn hinterfragt und auch zwei Sachverständige gehört.
Im Februar 2025 hatte das Vater-Sohn-Duo in Ulm, Schelklingen. Laichingen und Blaubeuren binnen acht Tagen fünf Frauen um Alter zwischen 73 und 92 Jahren überfallen, um ihnen die Handtaschen zu rauben. Dabei hatte der Vater nach Überzeugung des Gerichts „augenscheinlich gebrechliche Frauen ausgewählt“, meist am Rollator gehend, um möglichst wenig Gegenwehr zu bekommen. Mit dem aus den Handtaschen geraubten Geld wollte der Vater Tabak und Benzin kaufen sowie seine Schulden im mittleren fünfstelligen Bereich begleichen. Bei den fünf Taten war die Beute laut Urteils-Begründung „von äußerst überschaubarem Wert“, nicht einmal dreihundert Euro Bargeld. Bankkarten und Handtaschen ließen sie jeweils in Tatortnähe zurück.
Die Opfer verletzten sich durch Stürze teilweise schwer, der Rechtsmediziner konnte in seinem Gutachten bei einem Opfer eine potenziell lebensgefährliche Verletzung nicht ausschließen, daher wurde eine Tat auch als schwerer Raub in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung. In einem Fall stolperte eine 92-jährige Frau als sie in eine Sparkassen-Filiale ging. Vater und Sohn waren gerade auf der Suche nach Opfern und halfen der Frau wieder auf die Beine. Wenige Minuten später wurde genau diese Frau eine Straßenecke weiter durch den Sohn vom Rollator weggeschubst, sie stürzte schwer und benötigt nun dauerhaft Pflege. Bis zur Tat hatte sie ihren Mann zuhause gepflegt, der nun in ein Pflegeheim gebracht werden musste, da ihn seine Frau als gesundheitliche Folge des Überfalls nicht mehr versorgen kann.
Auf die Spur gekommen ist man den Tätern, weil die Polizei wegen der Vielzahl und der Brutalität der Taten eine Funkzellen-Abfrage durchführen konnte und die Mobiltelefone von Vater und Sohn herausfiltern, die an allen Tatorten zur Tatzeit waren. Gleichzeitig erkannte ein Zeuge den Sohn, der in seiner Nachbarschaft wohnt, rund 20 Kilometer vom eigentlich Wohnort entfernt bei einem Überfall. Der Vater war bei allen Taten nach Überzeugung des Gerichts der Auskundschaften und hat seinen intellektuell eingeschränkten Sohn bedroht, damit er die Raubzüge durchführt. Vor Gericht hat der Vater ein Teilgeständnis abgelegt, bei dem ihm aber Lügen nachgewiesen werden konnten, daraufhin schwieg er. Der Sohn hat dagegen vollumfänglich gestanden, auch wenn er sich dabei selbst erheblich belastet hat, und so die Tatbeteiligung des Vaters offengelegt.