Nach den jüngsten Handgreiflichkeiten vor der evangelischen Martinskirche in Langenau meldet sich Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl mit deutlichen Worten zu Wort. Der württembergische Landesbischof kritisiert das lange Schweigen und die ausbleibende Unterstützung durch die kommunale Politik – und spricht von einem „Trugschluss“, zu glauben, der Konflikt könne einfach ausgesessen werden.
Am vergangenen Sonntag (6. Juli) war es vor der Kirche zu einer Eskalation zwischen Pro-Palästina-Demonstrierenden und Gottesdienstbesuchern gekommen. Die Polizei musste einschreiten, nachdem es zu einem handfesten Streit gekommen war. Bereits seit eineinhalb Jahren gibt es regelmäßig Proteste gegen Pfarrer Ralf Sedlak und seine Gemeinde – vor allem sonntags während der Gottesdienste.
Der Hintergrund: Im Oktober 2023 hatte Sedlak in einer Predigt den Terrorangriff der Hamas auf Israel erwähnt. Seitdem sehen sich der Pfarrer und seine Familie immer wieder persönlichen Angriffen und Anfeindungen ausgesetzt. Demonstrationen, Schmierereien mit antisemitischen Parolen an der Kirche und verbale Übergriffe auf Gottesdienstbesucher gehören laut Kirchengemeinde inzwischen zum traurigen Alltag.
„Gewalt ist nie eine Lösung und durch nichts zu rechtfertigen“, so Gohl in einer Stellungnahme. Die Vorkommnisse vom Wochenende seien aber auch ein deutliches Zeichen dafür, dass Kirche und Gemeinde in dieser Situation allein gelassen worden seien. „Es kann nicht sein, dass Sonntag für Sonntag Gottesdienstbesucher bedrängt und eingeschüchtert werden, so dass viele Gemeindeglieder inzwischen den Gottesdienst in der Martinskirche nicht mehr besuchen. Achselzuckende Kenntnisnahme hilft nicht weiter. Hier wären schon lange Kommune und Landkreis gefordert gewesen.“
Schon im April hatte der Landesbischof in einem Beitrag für die Jüdische Allgemeine geschrieben, dass die Entwicklungen in Langenau der Evangelischen Landeskirche große Sorgen bereiteten. Die roten Linien seien längst überschritten worden. Die Kirche versuche, Pfarrer Sedlak und der Gemeinde beizustehen und sichere „tatkräftige Hilfe“ zu.
Wie genau diese Hilfe aussieht, ließ Gohl offen. Man sei aber in engem Austausch mit dem betroffenen Pfarrer und den Gremien vor Ort. Aus dem Landratsamt Alb-Donau-Kreis und dem Langenauer Rathaus gab es bislang keine offizielle Stellungnahme zu den Vorwürfen.
Die evangelische Kirchengemeinde zeigt sich unterdessen weiter besorgt. Viele Gemeindemitglieder hätten Angst, den Gottesdienst zu besuchen, heißt es aus Kreisen der Gemeinde. Es gehe längst nicht mehr nur um Meinungsäußerung, sondern um gezielte Einschüchterung.
Die Polizei ermittelt nun wegen der Auseinandersetzung vom Sonntag. Ob es zu weiteren Demonstrationen oder Gegenaktionen kommt, ist aktuell unklar. Die Kirchengemeinde hofft auf Deeskalation – und Unterstützung.