Wer schonmal einen ausführlichen Spaziergang am Ulmer Donauufer entlang gemacht hat, der ist vermutlich auch auf das Zeltlager unter der Eisenbahnbrücke gestoßen. Vor einigen Jahren von einem inzwischen weitergezogenen Einwanderer gegründet, ist das Obdachlosenlager immer weiter gewachsen. Das hatte die Stadt Ulm lange toleriert – bis es kürzlich dort brannte.
Da die Zeltansammlung auch für Touristen kein schönes Bild abgibt und die Hygieneverhältnisse aufgrund einer fehlenden Toilette und Ratten Sorgen bereiten, soll jetzt Schluss sein mit der Obdachlosengemeinschaft. Das Ultimatum, den Platz unter der Brücke zu räumen, läuft am Mittwoch, den 6. August ab. Das sorgt für ordentlich Diskussionsstoff.
Die Stadt befürchtet aufgrund des Feuers konkrete Brandgefahr. Zusammen mit dem sich ansammelnden Müll sieht die Stadt sich nach einigen Beschwerden gezwungen, die Gruppe vor Ort aufgrund der Sicherheit und der Gesundheit aller Mitbürger aufzulösen. Dem gegenüber steht der menschliche und soziale Aspekt. Die Obdachlosen haben dort in den letzten Jahren Gemeinschaft gefunden, einige von ihnen wissen nicht, wohin sie sonst gehen sollen. Anderen wurden Zimmer in WGs oder Flüchtlingsunterkünften angeboten, die sie aber teilweise nicht annehmen wollen.
Ein Zwiespalt, der auch bei der Fraktion der Linken im Gemeinderat für Aufsehen sorgte. Daraufhin hatten sie am Freitag, den 1. August, zu einer großen Aufräumaktion gerufen, zu der etwa 40 Helfer kamen. Gemeinsam mit den ansässigen Obdachlosen wurde Müllsack um Müllsack gefüllt, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. Dazu brachten sie noch ein Plakat mit der Aufschrift „Solidarität statt Verdrängung“ an der Brücke an. Auch die Stadträte Ulrich Metzger und Samuel Rettig von der Grünen-Fraktion waren gekommen, um sich ein Bild zu machen. Sie hätten gerne zuerst eine alternative Lösung gefunden, bevor die Stadt direkt ein Ultimatum stellt. Nach der Aufräumaktion dürfte zumindest die Brandgefahr deutlich verringert worden sein.
Das Ultimatum bleibt aber – zunächst. Während die SPD-Fraktion gemeinsam mit Caritas und DRK an einem Konzept für Wohnungslose arbeiten will, haben die Grünen einen Antrag eingereicht, das Ultimatum um sechs Wochen zu verschieben. Wie die Reaktion von Stadt und auch den Obdachlosen ausfällt, wird sich wohl am Mittwoch zeigen.