Auch wenn es nach 16 Jahren Kanzlerin zunächst anders wirken mag, sind Frauen in politischen Ämtern nach wie vor stark unterrepräsentiert. Egal ob auf bundes-, landes- oder kommunalpolitischer Ebene.
Die meisten politische Karrieren beginnen in der eigenen Heimat – in Gemeinderatssälen. Dort, wo politische Entscheidungen viel greifbarer sind und die politischen Entscheidungsträger ganz nah an den Wählern dran sind.
Karin Schilderoth wohnt in Bühl im Kreis Biberach und sitzt seit 15 Jahren im Gemeinderat in Burgrieden.
Man muss, um in der Gemeindepolitik aktiv zu sein kein Bauingenieur sein. Ich bin gelernte Einzelhandelskauffrau. Man muss einen Menschenverstand mitbringen und vor allem den Mut mitbringen, zu sagen, wenn ich ich mich nicht auskenne, dann lese ich mich da rein. Nicht einfach nur nachplappern, sondern eben sich weiterbilden und informieren. Das ist das Wichtige.
Wer in seinem Heimatort politisch aktiv ist und beispielsweise im Gemeinderat sitzt, macht das in den meisten Fällen ehrenamtlich. Die Mitglieder bekommen eine kleine Aufwandsentschädigung, die aber bei weitem nicht dem entspricht, was an Zeit investiert werden muss – für Sitzungen, aber auch die Einarbeitung in verschiedene Themen.
Für viele Frauen sei der zeitliche Aufwand neben anderen Verpflichtungen – wie Familie und Beruf – eines solchen Amts nicht tragbar, sagt Diana Bayer vom Frauenbüro Ulm.
Frauen meistern im Alltag den Balanceakt zwischen Berufstätigkeit, Kindern, Familie, Erziehung und Sorgearbeit.
Während Männer, die politisch aktiv sind häufig von ihren Partnerinnen den Rücken freigehalten bekommen, um entsprechend Zeit in das Engagement zu investieren.
Nach den Gemeinderatswahlen 2019 betrug der Anteil weiblicher Abgeordneter in den Gemeinderäten des Landes mit insgesamt 26,8 % erstmals über ein Viertel, schreibt das statistische Landesamt Baden-Württemberg.
In den leitenden Positionen von Städten und Kommunen ist der Frauenanteil deutlich niedriger. Deutschlandweit werden nur rund acht Prozent der Rathäuser der von Bürgermeisterinnen geführt. Über 90 Prozent der Oberhäupter von Städten sind Männer.
Simone Maiwald ist Heidenheims erste Bürgermeisterin und damit stellvertretende Leiterin des Rathauses.
Also ich denke nicht, dass Frauen die bessere Politik machen, aber ich bin mir sicher, Frauen machen eine andere Politik, weil Männer und Frauen einfach andere Lebensrealitäten haben, meint Bayer.
Gerade bei sozialen Themen
Weil unterschiedliche Perspektiven auch unterschiedliche Lösungswege aufzeigen und man dann mehr Chancen hat auch wirklich eine Lösung zu finden, so Maiwald.
Das Ulmer Frauenbüro setzt sich bereits seit vielen Jahren dafür ein, dass mehr weibliche Köpfe in den Gemeinderäten vertreten sind. Mit „Politik sucht dich – mehr Frauen in den Gemeinderat“ werden die Parteien dazu aufgerufen, ihre Listen paritätisch – also immer abwechselnd mit einer Frau und einem Mann – zu besetzen. Zudem sollen Frauen dazu ermutigt werden, überhaupt den Mut zu haben, sich politisch zu engagieren und sich die Ämter mehr zuzutrauen. Und zuletzt sollen die Wählerinnen und Wähler die Frauen auf den Listen auch tatsächlich zu wählen. Denn am Ende entscheidet die Bürgerschaft darüber, wer im Gemeinderat sitzt.
Im Rahmen der Kampagne gibt es verschiedene Angebote – für Frauen, aber auch für Männer.
Am 19.September findet übrigens die Veranstaltung „Guter Rat ist Weiblich“ statt. Eine hervorragende Gelegenheit sich über das Thema, sowie die momentane Situation zu informieren.
Alle Infos dazu gibt es auf dieser Website.