„Schiefer Turm von Biberach“: Sanierung des Ulmer Tors startet im Herbst

Baustelle

Das Ulmer Tor, teils schon „schiefer Turm von Biberach“ genannt, bekommt ein neues Fundament. Wegen beschädigter Holzpfähle im alten Fundament stehen die beiden Gebäudeteile seit Jahren sichtbar schief. Im Herbst starten die Bauarbeiten.

Biberach erhält ein neues Kapitel seiner Stadtgeschichte: Das Ulmer Tor, eines der bekanntesten Wahrzeichen der Stadt, wird umfassend saniert. Wegen seiner deutlichen Schieflage wird das Bauwerk schon scherzhaft als „schiefer Turm von Biberach“ bezeichnet. Jetzt soll es durch aufwendige Baumaßnahmen dauerhaft stabilisiert werden.

„Schiefer Turm von Biberach“

Das Ulmer Tor stammt aus dem 14. Jahrhundert und ist das einzige noch erhaltene Stadttor Biberachs. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich aber ein deutlich sichtbarer Spalt zwischen den beiden Bauteilen des Tors gebildet. Messungen zeigen, dass sich das Haupttor an seiner höchsten Stelle von 26,4 Metern bereits um 26 Zentimeter nach Westen in Richtung Ulmer-Tor-Straße neigt. Das Vortor kippt dagegen rund zehn Zentimeter nach Osten in Richtung Innenstadtring.

Ursache für die Schieflage sind vor allem die alten Holzpfähle, auf denen ein Teil des Bauwerks steht. Diese Pfähle befinden sich im Grundwasser und haben im Laufe der Zeit nachgegeben. Eingriffe in den Grundwasserhaushalt in den vergangenen Jahrzehnten haben die Situation zusätzlich verschärft. Ein Teil der Mauern steht stabil auf der Stadtmauer, der andere Teil verliert jedoch zunehmend an Halt.

Aufwendige Stabilisierung 

Damit das Ulmer Tor langfristig erhalten bleibt, soll der Untergrund aufwendig stabilisiert werden. Die Sanierungsarbeiten starten im Herbst 2025 und sollen bis Ende 2026 abgeschlossen sein. Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf rund 2,85 Millionen Euro. Damit liegt die Summe deutlich über den ursprünglich veranschlagten zwei Millionen Euro. Die Kostensteigerung resultiert unter anderem aus den komplexen baulichen Voraussetzungen, dem hohen Planungsaufwand und zusätzlichen Baunebenkosten.

Geplant ist, beidseitig der Fundamentmauern sogenannte Mikro-Bohrpfähle einzubringen. Anschließend werden Öffnungen in die Fundamentmauern gebohrt, durch die Traversen einbetoniert werden, die künftig die Last des Bauwerks übernehmen. Dieses Verfahren gilt als besonders schonend für die historische Bausubstanz. Wegen der beengten Verhältnisse unter dem Torbogen müssen die Arbeiten mit Spezialgeräten durchgeführt werden.

Nach Angaben der Stadt soll das neue Tragsystem für mindestens 100 Jahre ausgelegt sein – doppelt so lange, wie es die Norm normalerweise vorsieht. Damit wäre das Ulmer Tor auch bei weiterem Verfall der alten Holzpfähle standsicher.

Sanierung der Ulmer-Tor-Straße 

Parallel zur Sanierung des Tors ist auch eine Neugestaltung der Ulmer-Tor-Straße geplant. Dafür wurden schon im Vorfeld Suchschlitze gegraben, um Leitungen für Strom, Wasser, Gas und Telekommunikation zu lokalisieren. Außerdem soll im Zuge der Baumaßnahmen ein neues Nahwärmenetz verlegt werden.

Die eigentliche Sanierung der Straße könnte laut Stadtverwaltung aber frühestens 2029 beginnen. Erst wenn die Stabilisierung des Ulmer Tors abgeschlossen ist, kann der Straßenbau starten.

„Wir müssen das machen, ehe etwas passiert.“

Der Gemeinderat stimmte dem überarbeiteten Kosten- und Zeitplan einstimmig zu. Trotz der gestiegenen Kosten sehen alle Fraktionen die Notwendigkeit der Sanierung. „Wir wollen unbedingt unser letztes Stadttor erhalten“, sagte Flavia Gutermann (Freie Wähler). Auch Vertreter von SPD, FDP, CDU und Grünen betonten den hohen kulturellen und historischen Wert des Ulmer Tors für die Stadt.

Biberachs Hochbauamtsleiter Siegfried Kopf-Jasiński machte im Gemeinderat deutlich, dass dringender Handlungsbedarf besteht: „Wir müssen das machen, ehe etwas passiert.“ Durch die Stabilisierung könne die Tragfähigkeit des Tors langfristig gewährleistet werden, auch wenn sich die Situation im Untergrund weiter verschlechtern sollte.

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