Ab dem 4. Mai sollen die Schulen schrittweise wieder öffnen, erst für die Abschlussklassen und diejenigen, die im nächsten Jahr ihre Prüfungen schreiben werden. Die ersten Abschlussprüfungen finden dann bereits ab dem 18. Mai statt. Schüler und Schülerinnen im Verein für Gemeinschaftsschulen BW e.V. halten diese Vorbereitungszeit für zu kurz und fordern wegen der Chancengleichheit dringend eine Absage der Abschlussprüfungen.
Selbst ab den schrittweisen Schulöffnungen für bestimmte Gruppen könne der Unterricht nicht auf Knopfdruck weitergehen. Die lange Zeit im häuslichen Umfeld ohne viele soziale Kontakte müsse nachbereitet, der individuelle Leistungsstand überprüft und die Sorgen der Schüler und Schülerinnen in dieser schwierigen Ausnahmesituation ernstgenommen werden.
Diana Nezamabadi besucht derzeit die 10. Klasse der Spitalhof-Gemeinschaftsschule in Ulm und will nach dem Mittleren Schulabschluss im nächsten Schuljahr ein Wirtschaftsgymnasium besuchen. Sie ist Schülersprecherin und wurde als Mitglied für den 14. Landesschülerbeirat gewählt. Trotz ihrer grundsätzlich guten Schulleistungen belastet sie die Situation. Zudem seien die häuslichen Bedingungen ihrer Mitschüler und Mitschülerinnen sehr unterschiedlich. „Unter diesen Umständen Prüfungen durchzuführen, ist nicht fair“, sagt Nezamabadi.
Auch Prof. Dr. Heike Solga, Direktorin der Abteilung Ausbildung und Arbeitsmarkt am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), ist der Meinung, dass die Abschlussprüfungen in dieser Situation nicht mehr durchgeführt werden sollten. Besonderes Augenmerk richtet sie auf die Reaktionen der Schüler auf die „beklemmende“ Prüfungssituation. Diese seien sehr unterschiedlich und reichen mit Abstandhalten und Desinfizieren bis hin zur Angst, angesteckt zu werden oder jemanden anderes anzustecken. Dazu kommt teilweise eine ständige Sorge um liebe Menschen. „Das heißt, ein Teil der Prüfungsleistungen ‚prüft‘ daher ‚Prüfungsbelastbarkeit in einer Ausnahmesituation.‘ Das ist aber nicht die Aufgabe der Abschlussprüfungen“, so Prof. Dr. Solga.