Ein rappelvoller Saal mit hochdekorierten Generälen aus ganz Europa. Geheime Papiere und weltpolitische Truppenbewegungen werden diskutiert. Dieses Bild zeichnet sich den paar Journalisten, die für ein paar Minuten für Fotos in den Tagesraum gelassen werden. Das Thema schwenkt um auf Fußball, die geheimen Papiere werden zugedeckt. Schließlich steht die europäische Sicherheit in der Ulmer Wilhelmsburgkaserne auf dem Spiel.
Die Liste der Bedrohungen ist lang. Der Krieg in der Ukraine, Drohnenangriffe, hybride Attacken, Spannungen im Sahel, Konkurrenz aus Russland und China. All das führt Generalleutnant Michiel van der Laan auf der anschließenden Pressekonferenz auf. Der Niederländer ist der höchste europäische Militärbefehlshaber. Seit Beginn des Ukrainekriegs denkt die militärische Führung in Brüssel anders. Ein Punkt ist die neue Schnelle Eingreiftruppe, die Rapid Deployment Capacity der EU. Der Militärische Planungs- und Durchführungsstab MPCC in Brüssel spielt dabei eine Schlüsselrolle. Er koordiniert Planungen, Kräfte und Führungsmittel für kommende Einsätze. Eine Rolle, die bis vor diesem Jahr den fünf operativen Hauptquartieren in Europa zugeteilt war: Paris, Rom, Larissa in Griechenland, das spanische Rota und eben Ulm. Bei schnellen Einsätzen soll also der Befehl zentral aus Brüssel kommen.
Ulm bleibt trotzdem ein zentraler Punkt. Der stellvertretende Kommandeur des Multinationalen Kommandos Reinhard Trischak bereitet mit seinem Stab Krisenmissionen vor und unterstützt den Militärstab und den Planungsstab MPCC in Brüssel. Für Ulm selbst ist die Zukunft seit wenigen Tagen klar. Das Ulmer Kommando behält nach einer Entscheidung von Bundeswehr-Generalinspekteur Carsten Breuer seine Rolle als deutsches Hauptquartier des Multinationalen Kommando Operative Führung. Damit verbunden ist die Aussicht auf eine Führungsrolle der Ulmer Wilhelmsburg, wenn Deutschland 2029 und 2030 die EU‑Battlegroup anführt.
Sollte die EU bis dahin in einen Krieg verwickelt werden, würde Ulm zu einem militärischen Ziel werden. Trischak gibt Entwarnung: „Hier gibt es auch noch das NATO-Kommando. Wir haben hier hybride Kriegsführung seitens Russland gesehen mit Drohnenüberflügen. Eine Gefährdung für die Ulmer Bürger ist daraus aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht ableitbar.“ Generell würden die Ulmer relativ wenig vom Militärstützpunkt mitbekommen. Zwar sind an der Kaserne um die 1200 Soldaten stationiert, etwa 500 davon unter EU-Kommando. Bis auf die einjährige Schießübung sind die Aufgaben an der Wilhelmsburg aber eher kommunikativer Art.