Markus Vorholzer leitet alle Bauarbeiter auf der Großbaustelle an und muss gemeinsam mit dem städtischen Projektleiter Gerhard Fraidel alles im Überblick behalten. Diese beiden Männer sind die ausführenden Köpfe hinter dem Partnerringprojekt rings um Tunnelbau und Brückenbau entlang der Bundesstraße 10. Im Baubüro sitzen sie Tür an Tür und können so einen fließenden Übergang von der Planung zur Umsetzung gewährleisten. Neue Ideen oder aufkommende Probleme können so sofort angegangen werden. Dazu gehört auch der Untergrund unter der Baustelle.
Geologen haben den Untergrund untersucht, Planer die notwendigen statischen Berechnungen gemacht. Doch es gibt nicht nur festes Gestein, sondern auch Sand, Kies sowie Torf und bis zu zwei Meter hohe Karsthöhlen. Früher ist hier die Blau geflossen und noch ein paar Tausend Jahre zuvor die Donau. Um diesen anspruchsvollen Untergrund sicher bebauen zu können, wurde schon die aktuelle Blaubeurer-Tor-Brücke auf Holzpfählen gegründet. Stabil, doch für den Tunnelbau daneben eine Herausforderung.
Normalerweise würde man an solch einer Baustelle Spunkwände setzen und das Grundwasser abpumpen. Dadurch würden jedoch die Holzpfähle möglicherweise austrocknen und so die Stabilität der ganzen Brücke gefährden. In Ulm wird daher im Bedarfsfall sogar Grundwasser hineingepumpt und über mehrere Kontrollschächte der Grundwasserpegel permanent überprüft.
Um die neuen Brücken und den Tunnel stabil zu tragen, sind daher Bohrpfähle vorgesehen, die teilweise über 20 Meter tief in den Boden getrieben sind. Doch Vorholzer gibt zu bedenken, dass niemand sicher sagen kann, ob der Untergrund nicht zwei oder fünf Meter tiefer instabil wird, wenn er belastet wird und dann alles nachgibt.
Mit einer großen Presse, die sich an zwölf einbetonierten Stahlstäben festhält, wird der Druck aufgebaut. Jeder Stahlstab hat mehr als acht Zentimeter Durchmesser. Quertraversen überdenken dann den Bohrpfahl, an dem getestet wird. Dazwischen sind die beiden grünen Press-Stempel. Im Bohrpfahl ist eine zweistellige Anzahl Kabel mit eingegossen und auch mehrere Sensoren, die die auftretenden Kräfte messen.
In einem Container nebenan sitzen mehrere Techniker und steuern die Hydraulik, die den Druck aufbaut. Auf Bildschirmen werden Messwerte angezeigt. Ein paar Stunden wird der Druck gehalten, dann wird abgelassen und ein größerer Druck wieder für ein paar Stunden aufgebaut. Nach etwa 20 Stunden ist der Messzyklus mit der Maximallast von 2 500 Tonnen, also mehr als 1 000 Mittelkalsseautos abgeschlossen. Diese 2 500 Tonnen, die physikalisch korrekt eigentlich 25 Meganewton sind, liegen deutlich über dem tatsächlichen Gewicht der Neubauten.
Hinter dem Container steht ein Wohnmobil, damit der Messbetrieb rund um die Uhr laufen kann und immer ausgeruhte Techniker die Arbeit überwachen können.
Die Messungen kosten mit den ganzen Bohr- und Betonierarbeiten einen sechsstelligen Betrag. Doch für Gerhard Fraidel ist das gut angelegtes Geld. Sollten die Messungen ergeben, dass der Untergrund nachgibt, kann umgeplant werden, bevor Bauschäden entstehen. Noch besser wäre es jedoch, wenn die Messungen ergeben, dass der Untergrund stabiler ist als von den Geologen vorausberechnet: „Wenn wir die Bohrpfähle dann einen Meter kürzer machen können, haben sich die Kosten für die Messungen schon gerechnet“ beweist Fraidel seine schwäbisch-sparsamen Wurzeln.
In sechs bis acht Wochen sollen die Auswertungen vorliegen, dann kann Fraidel dem Ulmer Gemeinderat auch eine aktualisierte Kostenkalkulation für das Großprojekt vorlegen.