Immer mehr Fahrzeuge beziehen ihre Antriebsenergie nicht mehr aus den fossilen Energieträgern Benzin oder Diesel. Doch ohne ein ausreichendes Angebot an geeigneten Tankstellen steigen nur wenige Autofahrer um. Dieses „Henne-Ei-Problem“ hat auch die Stadt Ulm erkannt. Bereits seit 2022 arbeitet die städtische Projektentwicklerin Tanja Oelmaier mit ihrem Team an der neuen Tankstelle.
Die Stadt hat den Dialog gesucht mit den Speditionen in der Stadt, aber auch mit Ingenieuren des Ulmer Lkw-Hersteller Iveco. So hat die Stadtverwaltung ein Gespür dafür entwickelt, was möglicherweise in der Zukunft benötigt wird. Vier Unternehmen haben sich im vergangenen Jahr beworben, die „Tankstelle der Zukunft“ zu betreiben, die Golsner und Lutzenberger GbR aus Günzburg legte das überzeugendste Konzept vor.
Auf rund 20 000 Quadratmetern entsteht nicht nur eine konventionelle Tankstelle mit Benzin und Diesel für Pkw und Lkw. Daneben gibt es eine Pkw-Waschanlage, einen Tankstellenshop mit Restaurant und auch behindertengerechte WC-Anlagen. An neueren Möglichkeiten kommen Elektro-Ladestationen für Pkw und Lkw, HVO, CNG- und LNG-Gastankstelle dazu sowie eine Wasserstofftankstelle. Dieses einmalige Komplettangebot bezeichnet Ulms Oberbürgermeister Martin Ansbacher bei der Projektvorstellung als „Typisch ulmisch“.
Auch das Umfeld der Tankstelle wird besonders. Direkt am Kreisverkehr entsteht auf rund 5 000 Quadratmetern Fläche ein neues McDonald´s-Restaurant. Diese Fast-Food-Filiale wurde schon vor Jahren vertraglich festgelegt, um das gegenüber dem Ulmer Bahnhof bestehende Restaurant mit langjährigem Mietvertrag auslösen zu können und die Sedelhöfe zu bauen.
In der neuen Tankstelle werden die 48 E-Lademöglichkeiten für Pkw überdacht. Für acht Lkw gibt es weitere Ladestationen, die in ihrer Leistung dem hohen Strombedarf angepasst sind. Der Strom wird regional erzeugt, in erster Linie in einem Photovoltaikpark nur wenige Hundert Meter entfernt südlich der Autobahn.
Herzstück wird die Wasserstofftankstelle, die mit verschiedenen Fülldrücken arbeitet und so für Busse genauso geeignet ist wie für Pkw oder Lkw. Mittelfristig soll dafür ein Elektrolyseur am Photovoltaikfeld gebaut werden, um auch den grünen Wasserstoff lokal erzeugen zu können. Für den Anfang wird der Wasserstoff zugekauft und vom mobilen Lager in die Fahrzeuge getankt.
Der städtische Partner Golsner und Lutzenberger betreibt bereits ein Dutzend Tankanlage, so auch an der A7-Ausfahrt Nersingen. Mit dieser Erfahrung in der Kombination von Tanken, Service und Infrastruktur wollen die Firmeninhaber Bernhard Golsner und Elmar Lutzenberger das Ulmer Projekt umsetzen. Dazu gehören nachhaltiges Bauen und auch regionale Produkte im Shop-Bereich.
Alle angebotenen Treibstoffe sollen auf Wunsch der Stadt modular angeboten werden, um auf Veränderungen in der Nachfrage eingehen zu können. Sollte Wasserstoff keine große Rolle bei der Versorgung der Fahrzeuge an der Autobahn Stuttgart-München spielen, können durch die Rohre und Tankanlagen auch andere Gase gepumpt werden.
Wenn alle Genehmigungen vorliegen, soll der Baustart im Sommer 2026 erfolgen und nach rund einem Jahr soll die „Tankstelle der Zukunft“ mit Öffnungszeiten rund um die Uhr eröffnet sein. Die Planer gehen von einer Investition in Höhe von rund 20 Millionen Euro aus.