Ulm - Geldabholer muss vier Jahre ins Gefängnis

Schockanrufe

Ein 54-jähriger Pole hatte bei einer Rentnerin Wertgegenstände für rund 20 000 Euro abgeholt, nachdem die Frau durch fingierte Anrufe in Panik versetzt worden war. Die Tatausführung bezeichnete der Richter als „widerlich“.

Im Mai diesen Jahres meldete sich bei einer 67-jährigen Rentnerin im Alb-Donau-Kreis ein angeblicher Polizist und machte der Frau weiß, dass ihre Schwiegertochter in Ulm einen Verkehrsunfall verursacht hat. Dabei wäre ein Mann ums Leben gekommen, der Frau und Kind hinterlässt. Dazu dann eine schluchzende Frauenstimme, die die Rentnerin als ihre Schwiegertochter erkannte. Es folgten weitere Anrufe von einer angeblichen Staatsanwältin und eines weiteren angeblichen Polizisten. Schließlich übergab sie Gold- und Silberschmuck im Wert von rund 20 000 Euro an einen angeblichen „vereidigten Boten des Amtsgericht“, der gegenüber von ihrem Wohnhaus wartete.

Gerichtsverhandlung

Am Freitagmorgen wurde nun ein 54-jähriger Pole mit Hand- und Fußfesseln in den Sitzungssaal am Amtsgericht geführt. Über seinen Pflichtverteidiger Thorsten Storp räumt Grzegorz T. die Tat ein, bestreitet aber den Vorwurf der Staatsanwaltschaft, gewerbs- und bandenmäßig gehandelt zu haben. Bei der Verhandlung kam auf, dass der Angeklagte studiert hatte und bald 20 Jahre verantwortungsvolle Positionen in Polen innehatte. Doch dann folgte eine mehrjährige Arbeitslosigkeit, er begann zu trinken und hielt sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Bis er sich überreden lies, von Warschau nach Stuttgart zu fliegen, dort ein Auto zu mieten, die Wertsachen das Opfers abzuholen und nach Frankfurt zu einem weiteren Bandenmitglied zu bringen.

Das Opfer berichtet, dass sie schon vor der Tat in ihrem ehrenamtlichen Engagement Infoveranstaltungen für Senioren organisiert hat, in denen Polizisten über die Betrugsmaschen Enkeltrick und Schockanrufe berichtet haben. Und doch wurde sie durch die Raffinesse der Täter selbst zum Opfer.

Plädoyers

In den Plädoyers sah die Staatsanwältin die erhobenen Vorwürfe durch die Zeugenaussagen und die Beweiserhebungen als erwiesen an und forderte daher eine Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Der Verteidiger sah die Zusammenhänge etwas anders und verneinte insbesondere die gewerbsmäßigen Absichten. Er sah daher eine höchstens zweijährige Haftstrafe als angemessen an und regte außerdem an, diese zur Bewährung auszusetzen.

Urteil

Das Gericht ist drei Stunden später weit über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinausgegangen und hat mit vier Jahren Haft die Obergrenze der Möglichkeiten eines Amtsgerichts genutzt. Richter Oliver Chama begründete die Strafe mit der erwiesenen gewerbsmäßigen Herangehensweise sowie der Bandenbildung, auch wenn es nur zu einer Tat kam: „Der Angeklagte wäre jederzeit bereit gewesen, wieder Wertsachen abzuholen“.

Und der Richter wurde noch deutlicher in seiner mündlichen Urteilsbegründung: „So eine Ausführung der Tat kann man nur als widerlich bezeichnen“.  Noch ist offen, ob der Verurteilte gemeinsam mit seinem Pflichtverteidiger Berufung bei Landgericht einlegt. Die Höchststrafe für die vorgeworfenen Taten liegt bei zehn Jahren, von denen das Schöffengericht beim Amtsgericht nur vier Jahre verhängen durfte.

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