Die Statistik zeigt den Trend. Die Zahl der Straftaten ist in den letzten Jahren immer weiter zurückgegangen. Doch die Wahrnehmung in der Bevölkerung spiegelt das so leider nicht wider. Ulms Leitender Oberstaatsanwalt Christof Lehr sagte dazu auf der Jahres-Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft Ulm: „Es ist in der Tat so, dass die Kriminalitäts-Belastung deutlich abnimmt, aber herausgehobene einzelne Fälle verbreiten in der Öffentlichkeit aber ein anderes Gefühl.“ Der Chef der Ulmer Staatsanwaltschaft meint damit zum Beispiel die tödliche Messerattacke von Illerkirchberg, bei der ein 14-jähriges Mädchen Anfang Dezember von einem Asylbewerber mit einem Messer niedergestochen und so schwer verletzt wurde, dass es weniger später in einer Klinik starb. Der Fall hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt und die Debatte über die Ausweisung von straffälligen Asylbewerbern weiter angeheizt. Insgesamt wurden 2022 in Ulm, dem Alb-Donau-Kreis und dem Landkreis Göppingen 45 Kapitalverbrechen verübt. Das entspricht einer Quote von 0,2 Prozent. Zum Vergleich: die Zahl der Betrugsfälle lag bei knapp über 20 Prozent. Die der Verkehrsdelikte bei knapp unter 20 Prozent. Diebstahl und Körperverletzung lagen bei jeweils rund zehn Prozent.
Angestiegen sind laut dem Behördenleiter die Betrugsfälle, vor allem die Zahl der Geldwäsche hat sich nahezu verdoppelt. Das hat mit der zunehmenden Digitalisierung zu tun. Die Drahtzieher sitzen dabei meist im Ausland. Es gibt auch mehr Fälle von Kinderpornographie. Christof Lehr spricht von einer hohen Dunkelziffer und riesigen Datenmengen, mit denen es seine Behörde hier zu tun hat. Die Staatsanwaltschaft gehe mit aller Härte dagegen vor, so Lehr weiter. Seit 1. Juli 2021 wurde der Strafrahmen hierfür auch deutlich erhöht. Er reicht von einem bis zu 10 Jahren. Das neue Gesetz birgt aber auch eine große Gefahr: „Wenn zum Beispiel eine Mutter von ihrem Kind ein pornographisches Bild gezeigt bekommt, dass er in der Chat-Gruppe bekommen hat und die Mutter schickt das Bild an den Lehrer, um ihm zu zeigen, was ihr Sohn bekommen hat, ist das objektiv Verbreiten von Kinderpornographie. Die Mutter würde sich damit nach jetziger Gesetzeslage mit einer Mindeststrafe von einem Jahr strafbar machen.“ Lehr sagt aber auch, dass die Justiz das Problem erkannt habe und das Gesetz überarbeiten will.
Die Staatsanwaltschaft Ulm ist für die Stadt Ulm, den Alb-Donau-Kreis und den Landkreis Göppingen zuständig. Hier leben zusammen rund 570.000 Einwohner. Pro Jahr werden rund 45.000 Anzeigen gestellt. Aktuell gibt es rund 5.000 offene Verfahren. Die Anklagebehörde beschäftigt 86 Mitarbeiter, davon sind 33 Staatsanwältinnen und Staatsanwälte.