Ärger um Lärmbelästigung: Nach fast vier Wochen Stillstand des Kulturbetriebes im Ulmer Gleis 44 geht es jetzt weiter.
Vor allem, weil neben dem Gleis-Team Helfer/-innen von außerhalb alle Hebel in Bewegung gesetzt haben, um die Streitpunkte um Lärmbelästigung und nötige Genehmigungen zu lösen, berichtet Geschäftsführer Samuel Rettig. „Das Ulmer Unternehmen Aschoff Architekten und weitere lokale Akteure haben uns mit ihrer Unterstützung sofort unter die Arme gegriffen und auch in der Verwaltung der Stadt gab es den einen oder die andere, die uns wirklich geholfen haben das ganze Problem so schnell wie möglich aus der Welt zu schaffen.“
Trotzdem haben die vier Wochen Schließung das Gleis wirtschaftlich schwer getroffen. „Nach Corona ist es nicht so als würden wir sowas ohne weiteres wegstecken. Gerade unser Team, dass gerade eigentlich Lust hatte wieder richtig los zu legen, hat aber ohne eine einzige Beschwerde mit angepackt, dass wir schnell wieder öffnen können. Dieser Zusammenhalt macht mich schon immer wieder dankbar.“, so Rettig.
Das grüne Licht für den Lärmschutz reichte nicht für die Wiederöffnung, berichtet Gleis Rettig weiter. „Die Stadt hat noch einige weitere Punkte bei uns als genehmigungsunfähig bezeichnet, weshalb wir ein paar Kompromisse eingehen mussten um wieder aufmachen zu dürfen. Zum Beispiel gibt es keinen Biergarten mehr. Unsere Außenanlage auf Vordermann zu bringen würde sich aber für die restliche Zeit nicht mehr lohnen.“
Eineinhalb Jahre darf das Gleis 44 das Haus in der Schillerstraße noch nutzen. Bis dahin will sich Samuel Rettig wieder voll und ganz auf die Nachtkultur konzentrieren. „Jetzt starten wir voll durch. Gerade nach dieser langen Pandemie-Pause und dem holprigen Start in den Herbst, wollen wir jetzt ein besseres live Programm und Cluberlebnis bieten als je zuvor“, sagt Samuel Rettig. Neben dem Clubbetrieb seien auch Konzertformate oder Ausstellungen geplant. „Und für das Frühjahr 2022 haben wir auch schon Ideen. Nachdem uns die Pandemie und alles andere nicht kaputt gekriegt hat, planen wir optimistisch in die Zukunft.“
Das es das Gleis 44 Team ernst meint mit dieser Planung zeigt auch die Kampagne, die den zweiten Neustart im Herbst und Winter begleiten soll. „Wofür Kämpfst du nachts?“ heißt der Slogan, der sich um eine Diskokugel als Morgenstern windet. „Gerade die letzten Wochen haben gezeigt, dass es wichtig ist, dass wir dafür einstehen, dass Nachtkultur in der Mitte der Gesellschaft stattfinden kann, also das wir aufpassen müssen, das Orte wie das Gleis erhalten bleiben.“
Neben diesem kulturpolitischen Standpunkt hat die neue Kampagne eine weitere wichtige Ausrichtung. „Es geht auch um Fairness und um den Umgang in der Nachtkultur miteinander. Darum, dass unterrepräsentierte Gruppen ebenso selbstverständlich in Clubs feiern können, wie alle anderen – und sich sicher fühlen“, meint Rettig. Geplant seien neben der Kampagne 2022 auch verschiedene Bildungsformate zu dem Thema Diversität in der Clubkultur. „Außerdem wollen wir bei unserem Booking vermehrt auf Gleichberechtigung achten.“
Neben dieser neuen Kampagne, hat Samuel Rettig eine warme Botschaft an die Gleis-Gäste. „Es hat mich echt überrascht wie viele lieben Nachrichten uns erreicht haben und für wie viele Menschen hier das Gleis tatsächlich eine Art Wochenend-Heimat geworden ist. Ich habe ein richtig schlechtes Gewissen, dass wir so lange zu hatten. Gleichzeitig motiviert mich das in der Verantwortung, die wir anscheinend gegenüber vielen in dieser Stadt haben. Das gibt immer wieder Kraft weiter zu machen und jetzt noch mal neu durchzustarten.“