Das neue Semester der Ulmer Volkshochschule startet mit vielen Online-Angeboten. Die digitale Semestereröffnung findet Ende Februar statt. Die Ausnahme unter den Volkshochschule feiert in diesem Jahr außerdem ihr 75-jähriges Bestehen.
124 Sprachkurse per Videoplattform, 25 Prüfungsvorbereitungskurse zur beruflichen Bildung, 300 Kurse und Veranstaltungen für Erwachsene, Kinder und Jugendliche, Rückenfit, Pilates und Tai Ji Quan. Lachyoga gegen den Corona-Blues oder LSBTTIQA – Was ist das eigentlich? Die vh ulm bietet eine schier unglaubliche Vielfalt an Kursen, und das seit bald 75 Jahren.
Die vh ulm hat heute das neue Semesterprogramm mit dem Schwerpunkt »Mut zum Streit – Wie Demokratie lebendig bleibt« vorgestellt. Mit insgesamt 1.437 Kursen und Veranstaltungen ist das Programm, das Corona-bedingt zur Semestereröffnung am 24. Februar als digitales Heft zum Blättern auf der vh-Homepage erscheinen wird, gut gefüllt. „Jetzt schon findet man alle Kurse gut aufbereitet auf unserer Homepage, daher fällt den meisten unserer Teilnehmer*innen der Übergang vom gedruckten Heft nicht schwer“, sagt vh-Leiter Dr. Christoph Hantel.
Reine Online-Kurse gibt es per Zoom vor allem für die Sprachen-Lernenden. Augenblicklich wird in 124 Sprachkursen per Videoplattform gelernt, ohne die vh-Unterrichts-Räume zu betreten – was wegen des Lockdowns zur Zeit untersagt ist. Bettina Brandez und ihr Team, das mit rund 100 freien Dozent*innen 25 verschiedene Sprachen anbietet, plant ab dem Frühjahr zwar auch wieder Präsenzkurse – „aber wir können mittlerweile einen Großteil unseres Angebots auch per Video-Plattform fortsetzen“, so Brandez. „Unsere Dozent*innen haben die Zeit seit März 2020 genutzt und sich eine Vielzahl der für den Online Unterricht erforderlichen technischen und pädagogisch-didaktischen Kompetenzen angeeignet. Über das bereits geplante Semesterprogramm hinaus konzipieren wir im Sprachenbereich zudem laufend neue Angebote in unterschiedlichen Formaten: Crash-, Intensiv-, Kompaktkurse“.
Alle Deutschkurse werden als Online-Kurse oder als Blended-Learning-Kurse angeboten. „Die ca. 40 Kursleiter*innen haben sich mit viel Engagement auf den Online-Unterricht vorbereitet, der bei Kursteilnehmer*innen mit geringen Deutschkenntnisse eine besondere Herausforderung darstellt. Letztere haben mit privaten Tablets und Computern so nachgerüstet, dass wir im Vergleich zum Vorjahr immerhin 90% der Module anbieten können. Das wäre vor einem halben Jahr so nicht möglich gewesen“, berichtet die Fachbereichsleiterin Stefanie Spohr, deren 8-köpfiges Team alle Deutsch-Beratungen per Telefon und E-Mail fortsetzt.
Die Vorträge und Veranstaltungen aus Politik und Gesellschaft von Fachbereichsleiter Dr. Markus Stadtrecher beschäftigen sich mit allen Aspekten des Semesterthemas, bis auf weiteres natürlich ebenfalls als Online-Formate. Michael Butter, kürzlich mit einer Kolumne im Spiegel, analysiert die Mechanismen von Verschwörungstheorien. Hans-Ulrich Probst bietet im April konkrete argumentative Hilfen gegen solche Mythen. Philipp Gassert wird über Protest im digitalen Zeitalter berichten. Ebenso wendet sich im Rahmen einer gemeinsamen Reihe zu Verschwörungstheorien ein Workshop im Juli an eine junge Zielgruppe: „Harry Potter, Rita Kimmkorn und die Fake News“.
Der Vortrag „LSBTTIQA – Was ist das eigentlich?“ in Zusammenarbeit mit der Ulmer Gruppe Young and Queer zielt außerdem darauf ab, ein breiteres Verständnis von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt zu schaffen und aufzuzeigen, inwiefern Lebensformen außerhalb heteronormativer Vorstellungen auch heute noch gesellschaftlich sanktioniert werden.
Und zwei Biografinnen von Sophie Scholl kommen zu Wort: Maren Gottschalk – in Kooperation mit rund 15 städtischen und kirchlichen Institutionen in Ulm und unter dem Titel „Sage nicht, es ist fürs Vaterland“ – sowie Barbara Beuys in einer großen Veranstaltung am 100. Geburtstag von Sophie Scholl. Um diesen Tag, den 9. Mai 2021, herum, werden vh, DZOK, kirchliche Einrichtungen und Schulen, das Theater Ulm und viele Weitere eine eigene Reihe mit Veranstaltungen, Gottesdiensten, Vorträgen und Podiumsdiskussionen anbieten.
Die Möglichkeit, seine Kenntnisse im Bereich EDV und Kaufmännisches Wissen wie Finanz- und Lohnbuchhaltung auszubauen, hat man in den rund 200 Kursen und Veranstaltungsreihen der Beruflichen Bildung (Leitung: Norbert Herre) ebenso, wie an den eigenen Softskills zu feilen. Im Frühjahr starten Prüfungslehrgänge für Fachkraft Lohn, Fachkraft Finanzbuchführung, eine Coaching-Ausbildung sowie die Ausbildung Transaktionsanalyse. Rund 25 Prüfungsvorbereitungskurse werden angeboten für das Abitur mit Mathe, Englisch, Deutsch, Physik, Chemie, Französisch oder die Mittlere Reife.
Kulturell bietet die Volkshochschule insgesamt ca. 300 Kurse und Veranstaltungen an – für Erwachsene sowie in der Jugendkunstschule kontiki auch für Kinder und Jugendliche. Der gemeinsame Fachbereich wird von Natascha Bruns geleitet: Trotz der schwierigen Vermittlung künstlerischer und kultureller Inhalte in Online-Kursen haben viele Dozent*innen in den vergangenen Monaten gelernt, Angebote auch digital umzusetzen. Kreative Schreibkurse, einige Foto-Kurse, ein Ballett-Kurs und auch einige kontiki-Kurse sind gute Beispiele dafür. Das Kooperationsprojekt der Beratung von Kulturschaffenden durch Kathi Wolf wird sehr gut angenommen!
Und: Das kontiki-Team hat sich außerdem etwas Besonderes für die Zeit des Lockdowns überlegt: „Um unseren kontiki-Kindern und -Jugendlichen diese schwierige Zeit zumindest etwas zu versüßen, haben wir in den vergangenen Tagen rund 70 Päckchen mit Kunstmaterial gepackt, mit denen die Kinder und Jugendlichen nun auch von zu Hause aus ihrer Kreativität freien Lauf lassen können“, stellt Bruns das Projekt „Ahoi! kontiki daheim!“ vor.
In der Frauenakademie mit Kirsten Tretter kann man im Stil einer geisteswissenschaftlichen Fakultät über mehrere Semester Kurse mit einer großen thematischen Vielfalt besuchen. Ab März soll es wieder losgehen. Dieser Fachbereich lebt mit rund 500 Frauen von der Präsenz in Groß- und Kleingruppen, daher setzt die Fachbereichsleitung auf eine Lockerung des Lockdown. Es gab auch schon erste Online-Angebote. Wie bei der Frauenakademie steht bei der Männerakademie die Begegnung im Vordergrund. Dennoch gab es in den neun Gruppen in den vergangenen Monaten diverse Online-Angebote, die im kommenden Semester fortgesetzt werden.
Das Abendgymnasium von Michael Koranda-Springer mit einem Team von etwa 30 Schullehrer*innen ermöglicht es jährlich rund 140 Menschen, die bereits berufstätig sind, das Abitur zu machen. Der gesamte Schulbetrieb findet Online mit der schulischen Konferenz-Plattform Big Blue Button statt.
Im Bereich Gesundheit kann man aus einer Fülle von über 200 gesundheitszentrierten Kursen und Informationsveranstaltungen wählen – allein mehr als 50 Yogakurse sowie zahlreiche Angebote von Autogenem Training bis hin zu Pilates, Rückenfit und Tai Ji Quan wurden durch Claudia Stern, die neue pädagogische Mitarbeiterin Sara Pommerenke und das Team vorbereitet.
Über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist das vh-eigene Yogazentrum, in dem jeweils über mehrere Jahre Yoga-Lehrer*innen in einer zertifizierten und anspruchsvollen Ausbildung für den Yogaunterricht qualifiziert werden. Viele Dozent*innen3 haben in den vergangenen Monaten ihre Angebote digitalisiert und können diese per Video-Plattform anbieten. Auch bei den Teilnehmer*innen ist die Akzeptanz für Online-Kurse spürbar gestiegen. „Wir haben bei uns einige in der Yoga-Szene prominente Dozent*innen. Stolz sind wir, dass wir mit Beate Cuson wieder eine solche hochkompetente Yoga-Lehrerin für die vh gewinnen konnten“, so Stern.
Im Aicher-Scholl-Kolleg in der ehemaligen HfG bieten Dr. Andreas Lörcher und sein Team rund 65 jungen Menschen in drei Trimestern eine Auswahl von Studieninhalten, um für sich die richtige Entscheidung für das zukünftige Studium zu treffen. Alle Kurse und Workshops werden per Zoom durchgeführt.
Im Programm Kurs Finden unterstützt Peter Deuble in Kooperation mit den Jobcentern der Region arbeitslose Menschen bei der persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung. Die Beratung findet per Telefon und Video statt.
Zehn Städte im Alb-Donau-Kreis – u.a. Langenau, Blaustein und Erbach -haben ein vielfältiges Volkshochschul-Angebot. Monya Jabri und Edith Doleschel koordinieren und konzipieren dies. Viele Sprach- und Deutschkurse mit Teilnehmer*innen aus diesen Orten, die teilweise schon in dieser Zusammensetzung seit Jahren zusammen lernen, werden als Online-Kurse durchgeführt. Auch andere Angebote finden online statt, z.B. Koch- und Fastenkurse. Gegen den Corona-Blues helfen die Kurse zu Lachyoga. Und ab Frühling werden Exkursionen durchgeführt.
Am 24. Februar wird die vh ihr Semester eröffnen. Was normalerweise Kursleiter*innen, Unterstützer*innen und Weggefährt*innen der vh und Vertreter*innen aus Kultur und Politik im EinsteinHaus mit einem Einführungsvortrag und Musik feiern, wird in diesem Jahr als rein digitale Veranstaltung angeboten. „Wir werden das interessant und spannend inszenieren per Zoom und wahrscheinlich auch mit einem Nachklang in einem weiteren digitalen Format. Die vh hat im letzten ¾ Jahr einen nachhaltigen Digitalisierungs-Schub erfahren. Was technische Ausrüstung, Didaktik und das Inszenieren von digitalen Workshops und Veranstaltungen angeht, haben unsere Kursleiter*innen und wir sehr viel gelernt“, sagt vh-Leiter Dr. Christoph Hantel.
Besonderes Augenmerk richtet die vh auf Benachteiligte und Menschen, die in Gefahr sind, durch die Corona-bedingte Digitalisierung abgehängt zu werden. „Die vh-Kolleg*innen beraten umfassend, helfen bei technischen Problemen und geben per E-Mail und Telefon jederzeit Auskunft. Keiner soll aufgrund technischer Hürden von unseren Angeboten abgeschnitten werden“, so Hantel. Deshalb werden alle Fachbereiche der vh in der letzten Februarwoche einen mehrstündigen Online-Beratungsabend für alle Angebote durchführen, um umfassend zu informieren.
Auch der 75-jährige Geburtstag der vh ulm soll im ersten Halbjahr eine Rolle spielen. „Wir möchten mit unseren Teilnehmer*innen und Dozent*innen in die Zukunft blicken. Was sagt uns ein Dreivierteljahrhundert für unsere nächsten Jahre und Jahrzehnte? Diese Frage werden wir uns stellen und im Sommer etwas dazu präsentieren“, kündigt Dr. Hantel an.
Die Ulmer Volkshochschule wurde am 24. April 1946, auf den Tag ein Jahr nach der Befreiung Ulms durch die Amerikaner, von Inge Aicher-Scholl, der Schwester von Hans und Sophie Scholl, „im Geiste der Ermordeten“ gegründet.