Im Streit um den Ausschluss von Frauen bei diesem Brauchtums-Fischen im schönen Allgäu haben die Veranstalter vor Gericht eine weitere Niederlage erlitten.
Der Verein, der in Memmingen den jährlichen Fischertag veranstaltet, muss weibliche Mitglieder am Höhepunkt des Fests, dem Ausfischen des Stadtbachs, teilnehmen lassen, urteilte das Memminger Landgericht am Mittwoch. Bislang war dies laut Satzung Männern vorbehalten. Dagegen hatte eine Frau vor dem Memminger Amtsgericht geklagt und gewonnen, der Fischertagsverein hatte daraufhin Berufung gegen das Urteil eingelegt.
Beim Fischertag springen die Teilnehmer jedes Jahr im Sommer in den Memminger Stadtbach und holen Forellen aus dem Wasser. Wer den größten Fisch fängt, wird Fischerkönig. Nach Angaben des Fischertagsvereins ist diese Tradition zur Reinigung des Kanals bis ins 16. Jahrhundert zurückzuverfolgen.
Das Urteil des Landgerichts könnte wegweisend für Männerbastionen bei Vereinsveranstaltungen sein, ist aber noch nicht rechtskräftig. Der Fischertagsverein in Memmingen will nach Angaben eines Sprechers am Donnerstag darüber entscheiden, ob er gegen das Urteil Revision beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe einlegen will.
Text: dpa
Das Gericht begründet das Urteil aber anders als das Amtsgericht, und zwar in der Ausrichtung des Vereins. In einer Mitteilung heißt es:
Ein Aufnahmeanspruch der Klägerin ergibt sich nach Auffassung des Berufungsgerichts aber wegen eines Verstoßes des Fischertagsvereins Memmingen e.V. gegen das Recht der Vereinsmitglieder auf Gleichbehandlung. Der Verein behandelt weibliche Vereinsmitglieder anders als männliche Vereinsmitglieder, ohne vereinsrechtlich dafür einen sachlichen Grund zu besitzen.
Ein Sonderrecht für Männer ist vereinsrechtlich nur zulässig, sofern diese Ungleichbehandlung vom Vereinszweck gedeckt ist.
Nach § 2 der Satzung ist Zweck des Vereins der Dienst für Heimatpflege, Heimatkunde, Kultur und Umweltschutz. Dieser Zweck wird insbesondere verwirklicht durch die Durchführung und Gestaltung des Fischertages und die Pflege des Stadtbaches sowie des heimischen Brauchtums. Im Kern geht es somit insbesondere um das Erinnern an die jahrhundertealte Tradition des Stadtbachausfischens, nicht aber darum, an eine althergebrachte Rollenverteilung der Geschlechter zu erinnern. Dieser festgeschriebene Vereinszweck erfordert es nicht, Frauen vom eigentlichen Ausfischen auszuschließen und lediglich als „Kübelfrauen“ neben dem Bach zuzulassen.
Zudem hat sich die tatsächlich seit langem gelebte Vereinspraxis jedenfalls von einer absolut getreuen Nachbildung historischen Geschehens in den vergangenen Jahren faktisch entfernt. Neben das Erinnern an Traditionen ist gleichermaßen der Spaßfaktor getreten. Das originalgetreue Nachbilden einer vermeintlichen Tradition steht damit jedenfalls auch faktisch nicht mehr im Vordergrund des praktischen Vereinslebens.
Die Tradition wurde unstreitig bereits in mehrfacher Weise aufgeweicht, indem beispielsweise die Zugangsvoraussetzungen zur Teilnahme für Männer herabgesetzt wurden. Das Teilnahmerecht erfordert nicht mehr wie früher einen mindestens zehn Jahre dauernden Wohnsitz, sondern jetzt nur noch fünf Jahre. Nach einer fünfjährigen Zugehörigkeit zur Untergruppe der Stadtbachfischer entfällt das Teilnahmerecht auch nicht mehr nach einem Wegzug aus Memmingen.
Dass der Verein nicht sklavisch an vermeintlichen Traditionen festhält, zeigt sich insbesondere auch daran, dass bei den Stadtbachfischern keine traditionelle historische Kleidung getragen werden muss und bei dem (vom Verein ebenfalls ausgerichteten) Wallensteinfest Frauen ohne weiteres in Männerkleidung auch traditionelle Männerrollen wie diejenigen von Soldaten übernehmen.