Warum wird an Vatertag eigentlich gewandert?

Vom religiösen Feiertag zur Herrenpartie

Der Vatertag an sich ist zwar eine relativ neue Tradition. Die auch heute noch bekannten Bräuche sind jedoch viel älter.

Der Vatertag wird in vielen Ländern der Welt gefeiert, auf verschiedene Art und Weise und auch an unterschiedlichen Tagen. In Deutschland fällt Vatertag auf den kirchlichen Feiertag Christi Himmelfahrt. Während das religiöse Fest schon seit dem 4. Jahrhundert gefeiert wird, ist der Vatertag an sich eine relativ neue Tradition. Die heute noch bekannten Bräuche sind jedoch viel älter.

Von der religiösen Prozession zur Herrenpartie

Die Ursprünge reichen bis ins Mittelalter und gehen möglicherweise auf religiöse Bittprozessionen zurück. An Himmelfahrt durften die Bauern der Feldarbeit fernbleiben und bei den Prozessionen mitlaufen. Mit Beginn der Reformation um 1517 änderte sich dieses Ritual jedoch und im Laufe der Jahre wurde das stundenlange Laufen mit Bier und Schnaps etwas angenehmer gestaltet und gipfelte in regelrechten Saufgelagen. Während ledigen Frauen und sogar Dirnen die Teilnahme erlaubt war, mussten Ehefrauen die Kinder hüten.

Im Laufe der Jahrhunderte verlor der christliche Kontext immer mehr an Bedeutung, im späten 19. Jahrhundert entdeckte die Arbeiterklasse diesen Feiertag für sich. Generell war jeder arbeitsfreie Tag willkommen, um Freizeit mit Freunden verbringen zu können. So entstand auch die Tradition der Herrenpartie, praktisch als Weiterentwicklung der Prozessionen an Christi Himmelfahrt: Gemeinsame Ausflüge ins Grüne, an denen nur Männer teilnehmen durften. Es wurde gewandert, Skat gespielt oder gekegelt und auch der Alkohol durfte nicht fehlen. Es gab sogar gewerblich organisierte Ausflugsfahrten auf geschmückten Wagen.

Vergessene Tradition zu Propagandazwecken wiederbelebt

Den Vatertag als offizielle Bezeichnung für solche Ausflüge gab es bis Anfang des 20. Jahrhunderts noch nicht. Ursprünglich kommt der „Father’s Day“ aus den USA und wurde dort ab 1910 zuerst lokal, später auch national gefeiert. Die Idee dazu kam übrigens von einer Frau: Sonora Smart Dodd aus Spokane, Washington beantragte 1909 den Vatertag bei den örtlichen Behörden.

In Deutschland verlor die Tradition der Herrenpartie in den 1920er Jahren an Popularität. In den 1930er Jahren waren es die Nationalsozialisten, die diese Tradition zu Propagandazwecken hervorkramte und auch die offizielle Einführung des Begriffs „Vatertag“ im Jahr 1936 ist den Nazis zuzuschreiben. Auch nach dem zweiten Weltkrieg wurden die alljährlichen Touren mit viel Alkohol fortgesetzt, hinzu kamen auch Verkleidungen wie Frack, Zylinder und andere modische Accessoires.

Wachsende Kritik an jährlichen Saufgelagen

Ab den späten 1960er Jahren wurden kritische Stimmen an den Vatertagsbräuchen immer lauter, nicht zuletzt im Zuge der Frauenbewegung Mitte der 1970er Jahre. Trotz aller Kritik ist der Vatertag bis heute ein willkommener Anlass für feuchtfröhliches Beisammensein unter Freunden. Daran konnte auch die ehemalige Familienministerin Ursula von der Leyen wenig ändern. 2008 forderte sie dazu auf, den Vatertag neu zu erfinden: Als einen Tag, der begeistert mit der Familie gefeiert wird – ohne Alkohol. Doch auch dieses Jahr wird am Vatertag mit Sicherheit wieder viel gewandert und auch viel getrunken.

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