Wie kam es zu den Schüssen in Göppingen?

Tatverdächtiger in Ulmer U-Haft verweigert weiterhin Aussage

In Göppingen fallen Schüsse auf der Straße, ein junger Mann wird schwer verletzt. Das nächste Kapitel in der Gewaltserie im Großraum Stuttgart? Die Ermittler sind sich nicht so sicher.

Nach den Schüssen auf einen 24-Jährigen in Göppingen sehen die Ermittler bislang keinen direkten Zusammenhang zur Gruppengewalt im Großraum Stuttgart. Zwar sei das Opfer dem Umfeld der Gruppierungen im Großraum Stuttgart zuzurechnen, sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU) im Innenausschuss des Landtags in Stuttgart. Man sehe aber trotzdem keine direkten Zusammenhänge mit dem Gruppenkonflikt. Das Opfer steht Medienberichten zufolge auf einer langen Liste des Landeskriminalamts, auf der die Namen mehrerer hundert Personen aus dem Umfeld der Gruppierungen zu finden sind.

Man werde nicht zulassen, dass in Göppingen Angsträume entstünden, sagte Strobl. Man wolle die kriminellen Organisationen «rückstandsfrei beseitigen». Mittlerweile seien im Zusammenhang mit der Gruppengewalt 93 Personen festgenommen, 300 Durchsuchungen durchgeführt und 200 Waffen sichergestellt worden.

In Oberkörper geschossen

Ein Mann hatte Mitte Mai in Göppingen auf offener Straße nach einem kurzen Wortwechsel auf eine Menschengruppe geschossen und den 24-Jährigen schwer verletzt. Er wurde im Oberkörper getroffen und musste notoperiert werden, konnte aber mittlerweile das Krankenhaus wieder verlassen. Der Schütze floh gemeinsam mit einem weiteren Verdächtigen.

Die Sonderkommission Pappel ermittelt seit dem Vorfall nach eigenen Angaben auf Hochtouren. Seit einer Woche sitzt ein 34-jähriger Verdächtiger in Untersuchungshaft, der andere Mann wird noch gesucht. Der Festgenommene verweigere weiterhin die Aussage, sagte der Ulmer Polizeipräsident Josef Veser. Deshalb müsse man umfangreiche Spuren auswerten. Veser zeigte sich zuversichtlich, dass man den zweiten Tatverdächtigen bald identifizieren könne.

Gewaltserie seit fast drei Jahren

Die blutige Fehde zweier gewaltbereiter, multiethnischer Gruppen erschüttert die Region Stuttgart seit Mitte 2022. Eine der Gruppen stammt aus Esslingen und Ludwigsburg, die andere aus Göppingen und Stuttgart-Zuffenhausen. Zuletzt hatte die Zahl der zumeist blutigen Zwischenfälle abgenommen. Der bisherige Höhepunkt der Fehde war der Anschlag mit einer Handgranate auf eine Trauergemeinde in Altbach (Kreis Esslingen) im Juni 2023. Immer wieder fielen zudem Schüsse – auch in Göppingen.

Gruppen sind keine Familienclans

Nach früheren Angaben des Landeskriminalamts (LKA) Baden-Württemberg handelt es sich bei den verfeindeten Gruppen nicht um Familienclans oder um klassische Banden, sondern um ein neues Phänomen. Es gehe um territoriale Machtansprüche und das Motto «crime as a lifestyle» («Verbrechen als Lebensstil»), mit dem sich viele identifizierten. Die Gewalt eskaliere zumeist nach wechselseitigen «Ehrverletzungen».

Den Gruppen gehören nach früheren LKA-Schätzungen mehr als 500 meist junge Menschen als Unterstützer, Mitläufer oder auch Führungspersonal an.

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