Zug-Bergung in Riedlingen dauert länger - Kinder unter Verletzten

Nach Zugunglück in Riedlingen

Der Abtransport der entgleisten Wagen gestaltet sich schwierig. Derweil laufen die Ermittlungen. Was die Bahn tut, um solche Unfälle zu vermeiden und auf Wetterextreme vorbereitet zu sein.

Nach dem Zugunglück mit drei Toten im Südosten Baden-Württembergs dauert die Bergung der Wrackteile länger als gedacht. Die Zahl der Verletzten geben die Ermittler inzwischen mit 36 an – und damit niedriger als bisher. Unter ihnen seien auch zwei Kinder im Alter von 7 beziehungsweise 13 Jahren. Zudem prüfen die Behörden Anhaltspunkte für eine Straftat.

Die Staatsanwaltschaft Ravensburg habe ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet, sagte Sprecher Christian Weinbuch. Das sei bei nicht natürlichen Todesfällen üblich. Es werde nicht wegen einer konkreten Straftat ermittelt, sondern geprüft, ob es Anhaltspunkte für eine solche geben könnte, erklärte er.

Gedenkgottesdienst am Freitag

Dass die Behörden die Zahl der Verletzten nach unten korrigiert haben, begründete Weinbuch unter anderem damit, dass drei Menschen zwar ins Krankenhaus gebracht, aber als unverletzt entlassen worden seien. Zudem habe es bei der Zuordnung zweier Personen eine Verwechslung gegeben.

Die Zahl der Toten liegt unverändert bei drei. Hierbei handelt es sich um den 32-jährigen Lokführer und einen 36-jährigen Bahn-Auszubildenden – beide aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis – sowie eine 70-jährige Reisende aus dem Landkreis Sigmaringen. Ein Gedenkgottesdienst ist für Freitag um 11 Uhr in Zwiefalten im Kreis Reutlingen geplant.

Der Regionalexpress war am Sonntagabend in Riedlingen entgleist. Auslöser soll nach bisherigen Erkenntnissen ein Hangrutsch infolge eines übergelaufenen Abwasserschachts gewesen sein. Nach aktuellen Ermittlungen geht die Polizei inzwischen davon aus, dass rund 50 Menschen in dem Zug waren.

Abschluss der Bergungsarbeiten offen

Die Bergung sei wegen des schwer zugänglichen Geländes sehr komplex, teilte die Deutsche Bahn (DB) mit. Ursprünglich hatte der Konzern angekündigt, dass die Arbeiten voraussichtlich bis Dienstagvormittag dauern sollten.

Stattdessen hieß es gegen Mittag nun, dass bis dato ein Wagen geborgen sei. Die Bergung von zwei weiteren Wagen laufe. «Für den letzten Wagen wird parallel ein besonderes Bergungskonzept erarbeitet, weil der Zugang für den Schienenkran erst hergestellt werden muss», teilte die DB weiter mit. Wann die Bergung abgeschlossen sein wird, lasse sich nicht prognostizieren. Ein Tieflader bringe die geborgenen Fahrzeuge zu einem Firmengelände in der Region.

Neben der Kriminalpolizei ist unter anderem die Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung in die Ermittlungen eingebunden. Außerdem gab die Staatsanwaltschaft ein geologisches Gutachten in Auftrag.

Der entgleiste Zug bestand laut DB aus zwei Fahrzeugen der Baureihe 612. Dabei handele es sich um Dieseltriebzüge, die die DB seit 2000 im Nahverkehr einsetze. Die Fahrzeuge seien mit sogenannten Bahnräumern ausgestattet, die kleinere Hindernisse wie Äste beseitigen können, erläuterte der Sprecher.

Rund-um-die-Uhr-Überwachung des Schienennetzes unmöglich

Mit Blick auf bevorstehende Naturereignisse arbeitet die Bahn den Angaben zufolge mit dem Deutschen Wetterdienstes (DWD) zusammen und nutzt zusätzlich Prognosedaten eines privaten Dienstleisters. «Eine lückenlose Rund-um-die-Uhr-Überwachung des gesamten Schienennetzes von über 33.000 Kilometer ist in der Praxis jedoch nicht möglich», teilte der Sprecher mit.

Je nach Ausmaß der Wetterextreme könnten Lokführer etwa die fahrplanmäßige Geschwindigkeit drosseln. Auch könne der Verkehr auf einzelnen Strecken oder in größeren Regionen eingestellt werden.

Ferner prüfe die Tochter DB InfraGO mit Messfahrzeugen die Stabilität der Fahrbahn. Seit 2020 würden auf vielen Strecken große Menge an Daten mit Hilfe von Sensoren live erfasst. So würden unter anderem die Temperatur an Schienen oder in Stellwerken gemessen oder die verschiedenen Bauteile von Brücken, Bahnübergängen oder Erdkörpern überwacht. Drohnenflüge helfen seit 2017, die Vegetation im und am Gleis zu monitoren. Auch Satellitendaten und Streckenvideos würden ausgewertet.

Hangrutsche durch Starkregen könnten nach Einschätzung eines Experten bundesweit häufiger auftreten. Diese Ereignisse träten plötzlich an Stellen auf, wo es bisher wenig Probleme gab, sagte Michael Krautblatter, Professor für das Fachgebiet Hangbewegungen an der Technischen Universität München dem WDR-«Morgenecho». «Und sie werden auch viel größer und heftiger.»

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