Zugchaos am Ulmer HBF

Stellwerk stundenlang ausgefallen

Es war kein Streik, der dafür sorgte, dass am Mittwochmorgen rings um Ulm keinerlei Züge fahren konnten. Rund fünf Stunden lang war das Stellwerk am Ulmer Hauptbahnhof komplett ausgefallen, auf sämtlichen Strecken, die nach Ulm führten, war kein Zugverkehr möglich. Auch danach kam es noch stundenlang zu teilweise massiven Verspätungen und Zugausfällen.

Erst kurz nach sieben Uhr morgens informierte die DB Regio Baden-Württemberg per Newsletter die Bahnfahrgäste, dass kein Zugverkehr nach Ulm möglich ist. Die DB Regio Bayern hat bereits eine Stunde früher gemeldet, dass keine Züge nach Ulm fahren können. Warum es neben den Zugverspätungen auch zu Informationsverspätungen kam, konnte die Pressestelle der Bahn am Mittwoch auch auf Nachfrage noch nicht beantworten. Erste Probleme mit dem Ulmer Stellwerk gab es bereits gegen halb fünf Uhr morgens, auch der ICE aus Stuttgart um 4.38 Uhr konnte nur mit einer Sondererlaubnis am rot leuchtenden Einfachsignal vorbeifahren, um Ulm noch mit einer halben Stunde Verspätung zu erreichen.

Probleme beim Ersatzverkehr

Reisende, die auf die Fahrplanauskünfte im Internet vertrauten oder Apps benutzten, mussten sich über falsche Informationen ärgern, denn es war nicht bei allen Regionalzügen klar ersichtlich, dass sie ausfallen. Fernverkehrszüge wurden korrekt angezeigt, sie musste zwischen Stuttgart und Augsburg den Umweg über Aalen nehmen, was zu einer etwa einstündigen Verspätung führte. Auf Nachfrage entschuldigte sich ein Bahnsprecher für diese falschen Informationen, er erklärte es mit der Masse an Verspätungsdaten für den Knotenpunkt Ulm, die plötzlich händisch eingegeben werden mussten. Dafür zuständig sind die jeweiligen Verkehrsunternehmen, die den Zug betreiben.

Reichlich frustriert war beispielsweise Vilma Kuhn, die von Ulm nach Günzburg zur Arbeit wollte. Am Bahnhof wurde sie auf einen Bus-Ersatzverkehr verwiesen, der am Busbahnhof abfahren sollte. Dort erfuhr sie jedoch, dass es gar keinen Erstazverkehr gibt. Die Bahn hatte sich zwar bemüht, Ersatzbusse aufzutreiben, doch es lief der morgendliche Berufsverkehr, in dem schon alle Busse und Busfahrer verplant waren. So war anfangs nur zwischen Ulm und Senden ein Pendelbus unterwegs. Erst gegen neun Uhr tauchten dann am Busbahnhof Busse aus Günzburg und Geislingen auf, die vollbesetzt waren.

Taxis im Dauerbetrieb

Ein Busfahrer des Ersatzverkehrs war im Gespräch glücklich mit seinen Fahrgästen, denn niemand meckerte ihn an. Alle Fahrgäste waren froh, dass sie endlich weiter kommen und sahen den Busfahrer als Retter in der Not. Andere Fahrgäste organisierte Privat-Pkw von Freunden oder nutzten ein Taxi. Mancher wich dann zurück, als er vom Taxifahrer erfuhr, dass eine Fahrt nach Stuttgart rund 200 Euro kostet. Die meiste Zeit war der Taxistand vor dem Hauptbahnhof leer. Andere Reisende versuchten über ihr Smartphone Flixbusse zu buchen, um dann ab Stuttgart oder Augsburg mit dem Zug weiter zu kommen.

Meinungen der Fahrgäste

Ganz entspannt saß der Rentner Jürgen Steinbacher aus Augsburg vor dem Bahnhof einer Treppenstufe und stärkte sich mit einem süßen Backwerk. Um fünf Uhr morgens war er aufgebrochen, um über Ulm nach Friedrichshafen zu fahren und einen entspannten Tag am Bodensee zu genießen. In Günzburg war erst einmal die Bahnfahrt beendet, nach über zwei Stunden Wartezeit ging es dann per Bus weiter nach Ulm. Dort gab es aber keinerlei Infos, ob es überhaupt möglich ist, in Richtung Friedrichshafen zu kommen. Spontan wechselte er sein Reiseziel und besuchte das Brotmuseum, der Bodensee wird an einem anderen Tag besucht.

Wesentlich verärgerter wirkte Bianca Bader, die in Ravensburg in den Zug gestiegen ist, um einen geschäftlichen Termin in Stuttgart wahrzunehmen. In Biberach stand ihr Zug rund eine Stunde und wartete die Reparatur ab. Bereits in Ravensburg war der Zug verspätet, doch Durchsagen fehlten. Auch den Apps gab es keine Informationen, erst im Zug wurde sie durch das Zugpersonal über die ungewisse Verspätungsdauer informiert.

Ausfall am Stellwerk

Nach Angaben eines Bahnsprechers kam es zu einem Defekt im alten, noch elektromechanischen Teil des Ulmer Spurplan-Stellwerks. Da dann nicht mehr zuverlässig angezeigt wurde, welche Gleise frei und welche Gleise belegt sind, sperrten die Sicherheitssysteme den kompletten Zugverkehr. Warum das Ulmer Stellwerk komplett ausgefallen ist, ist weiterhin unklar. In den vergangenen Jahren wurde das Stellwerk fast vollständig komplett modernisiert, dazu wurde auch neben dem alten Stellwerksgebäude ein Containerbau errichtet, der modernste Stellwerkstechnik beherbergt. Das jetzt computergesteuerte Stellwerk wurde für die Neubaustrecke Ulm-Stuttgart in Betrieb genommen und übernimmt zukünftig auch Zug um Zug alle anderen Bahnstrecken, die auf Ulm führen.

Nachdem kurz nach neun Uhr das Stellwerk wieder in Betrieb ging, kamen zuerst mehrere Regionalzüge an, die teilweise seit Stunden an Bahnhöfen kurz vor Ulm warteten. Der erste Fernzug war die Westbahn von Stuttgart nach Wien. Da alle Züge in Umlaufplänen verplant sind, doch stundenlang durch den Stellwerksausfall festhingen, wird es bis in den Abend dauern, die Verspätungen abzubauen. Einzelne Zugfahrten müssen komplett ausfallen, da die Züge nicht immer am richtigen Ort sind.

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