Um dem Wohnraummangel in Großstädten entgegenzuwirken, geht Baden-Württemberg einen neuen, vielleicht fragwürdigen Weg: Statt allein auf den Neubau zu setzen, sollen bestehende Wohnungen effizienter genutzt werden. Mit einer Umzugsprämie will das Land Menschen motivieren, große Wohnungen zugunsten kleinerer aufzugeben – und so Platz für Familien schaffen.
Große Wohnungen für Familien freimachen
Konkret können Kommunen einen Wohnflächenbonus von bis zu 7.500 Euro beantragen, wenn sie den Umzug von Einzelpersonen oder Paaren in kleinere Wohnungen aktiv unterstützen. Voraussetzung ist, dass die neue Wohnung mindestens 15 Quadratmeter kleiner ist und sich im selben Ort befindet. Die Kommunen dürfen das Geld direkt an die Mieter weiterreichen oder für Beratung und Vermittlung einsetzen.
Hintergrund ist der angespannte Wohnungsmarkt in vielen Städten Baden-Württembergs. Gerade Familien finden kaum noch bezahlbare Wohnungen mit ausreichend Platz. Laut Wohnungsbauministerin Nicole Razavi (CDU) sei der Bonus ein Anreiz, große Wohnungen freiwillig freizugeben. Damit sollen sie denen zur Verfügung stehen, die sie dringend brauchen.
Der Mieterbund Baden-Württemberg sieht das Modell skeptisch. Zwar seien Umzugsanreize grundsätzlich sinnvoll, doch in der Praxis seien kleinere Wohnungen häufig nicht günstiger – teilweise sogar teurer. Dadurch verliere die Prämie schnell ihre Wirkung. Auch die Auszahlung über die Kommunen statt direkt an die Mieter wird als bürokratisch kritisiert. Der Städtetag Baden-Württemberg begrüßt den Ansatz grundsätzlich, warnt jedoch ebenfalls vor unnötiger Verwaltungsarbeit.
Zu wenig Neubau im Land
Dass der Fokus jetzt verstärkt auf Umzügen liegt, hat auch mit dem schleppenden Wohnungsneubau zu tun: Im Jahr 2023 wurden laut Statistischem Landesamt nur rund 37.000 neue Wohnungen fertiggestellt – dabei liegt der tatsächliche Bedarf laut Studien bei über 53.000 Wohnungen jährlich, das sind fast 16.000 Wohnungen mehr. Die Lücke wächst also weiter.
Für den Wohnflächenbonus stellt das Land erstmal eine Million Euro bereit. Ob das Programm angenommen wird, bleibt abzuwarten – in der Vergangenheit hatten Städte wie Stuttgart ähnliche Förderungen mangels Nachfrage wieder eingestellt. Andere wie Mannheim oder Lörrach setzen seit Jahren auf vergleichbare Modelle.
Mit dem Wohnflächenbonus versucht Baden-Württemberg, bestehenden Wohnraum effizienter zu nutzen. Doch ohne mehr Neubauten wird sich der Wohnraummangel kaum lösen lassen. Die Umzugsprämie kann wohl nur ein Baustein von vielen sein.