Christiane Renz hat gegen ihren Verein geklagt und gewonnen. Deshalb bleibt der Höhepunkt des Fischertags in Memmingen am Samstag erstmals nicht mehr Männern vorbehalten. Renz freut sich auf die Premiere – auch wenn sie dabei ohne Mitstreiterinnen auskommen muss.
Mit einem Sprung ins Wasser soll am Samstag (23.07.2022, 8.00 Uhr) für Christiane Renz ein jahrelanger Kampf zu Ende gehen. Die gebürtige Memmingerin wollte beim Höhepunkt des Fischertags in ihrer Heimatstadt mitmachen, dem Ausfischen des Stadtbachs. Doch ihr Verein, der das Fest mit Tausenden Besuchern veranstaltet, ließ sie nicht. Traditionell sei dieser Teil des Fests vor Tausenden Zuschauern den Männern vorbehalten, lautete die Argumentation.
Historischer Fischertag: Fischerinnen-Premiere am Samstag
Renz klagte und gewann, der Verein ging in Berufung und verlor. Frauen im Verein dürften nicht ohne triftigen Grund anders behandelt werden als Männer, urteilte das Memminger Landgericht. Der Verweis auf Tradition allein reiche da nicht aus. In diesem Jahr steht damit der erste Fischertag an, bei dem Frauen offiziell mit in den Bach jucken dürfen. Dabei sein wird neben 1200 Männern aber nur eine: Christiane Renz.
«Ich denke, viele Frauen und Mädchen wollen sich diesen Rummel nicht geben», sagt Renz über die Fischerinnen-Premiere am Samstag. «Ich hoffe, dass sich ein paar in den nächsten Jahren trauen, wenn sie Lust darauf haben.» Wo sie selbst im Stadtbach auf Forellenjagd gehen wird, will Renz nicht verraten. «Ich möchte nicht, dass Menschen extra dorthin zum Gaffen kommen. Das würde die anderen Stadtbachfischer, ihre Helferinnen und Helfer verdrängen – das will ich nicht.»
Wettbewerb um die Fischerkrone
Beim Fischertag jucken (springen) die Teilnehmer jedes Jahr im Sommer in den Memminger Stadtbach und holen Forellen aus dem Wasser. Wer den größten Fisch fängt, wird Fischerkönig. Die Veranstaltung geht darauf zurück, dass früher der städtische Bach einmal jährlich leergefischt wurde, um den Kanal zu reinigen. Diese Tradition ist nach Angaben des Vereins bis ins 16. Jahrhundert zurückzuverfolgen. Frauen waren davon seit dem Jahr 1931 per Satzung ausgeschlossen.
Dass Christiane Renz nun als einzige Frau in den Wettbewerb um die Fischerkrone geht, liegt auch an den hohen Voraussetzungen für die Aufnahme in die entsprechende Untergruppe im Verein: Der Erstwohnsitz muss seit mindestens fünf Jahren in Memmingen liegen, die Mitglieder müssen einen Angelschein haben oder einen Fischerkurs des Vereins absolvieren. Einen Antrag zur Aufnahme in die Gruppe hat nach Angaben des Fischertagsvereins nur Christiane Renz gestellt.
Dass sie in ihrem Premierenjahr auch gleich Fischerkönigin werden könnte, hält Renz indes für unwahrscheinlich. «Ich würde mich äußerst glücklich schätzen, wenn ich überhaupt einen Fisch fange», sagt Renz. «An meiner Stadtbachstelle ist es auch unwahrscheinlich, den schwersten Fisch zu fangen. Aber Fischerkönigin – das wäre natürlich die Krönung.» Ihr Ausrüstung – der in Memmingen «Bären» genannte Kescher und die Schuhe – stehen jedenfalls bereit.