TTF-Präsident Kristijan Pejinovic zum aktuellen Stand und den Perspektiven:
Herr Pejinovic, welches sind die Saisonziele der TTF Liebherr Ochsenhausen in der Saison 2022/23?
„Wir möchten natürlich um die Play-offs „mitbuhlen“, mit unserer Mannschaft muss man sich nicht verstecken. Mit Alvaro Robles haben wir einen erfahrenen Mann und sehr guten Doppelspieler als Anker für das Team dazu geholt, um dies zu bekräftigen. Auch im Pokal wollen wir etwas erreichen. Wir wissen natürlich um die Stärke unserer Konkurrenten wie Neu-Ulm und Düsseldorf, die diese Saison eindeutig die Favoriten sind. Wir wollen zunächst die gewiss nicht niedrige Hürde Bad Königshofen nehmen und dann schauen, dass wir das überaus attraktive Liebherr Pokal-Finale in Neu-Ulm erreichen. Ob Pokal oder Liga: Wir haben mit Kanak Jha, Shunsuke Togami, Samuel Kulzycki und mit Abstrichen auch noch Can Akkuzu junge Spieler im Team, die hineinfinden und sich im Lauf der Saison steigern werden. Mir geht es darum, dass wir uns stabilisieren nach zwei sehr aufwühlenden, zerreißenden Jahren im Zuge der Pandemie, in denen eine Philosophie mit ganz jungen Spielern nur schwer zu hundert Prozent aufgehen konnte. Jetzt werden die Übergänge erst einmal fließender. Und nun blicken wir nach vorne.“
Wie stark ist die Bundesliga 2022/23? Es scheint, als habe sie nochmal ein gutes Stück aufgerüstet.
„Wenn man etwas genauer hinschaut, ist das absolut klar. Allein Neu-Ulm mit den Top-Verpflichtungen aus Orenburg hebt das Niveau natürlich deutlich an. Bad Königshofen, auf die wir ja schon am 2. Spieltag und im Pokal treffen, hat den japanischen Weltklassemann Yukiya Uda verpflichtet. Bergneustadt hat Omar Assar geholt. Auch Saarbrücken hat seinem Kader noch einen Japaner, Jin Takuya, hinzugefügt. Und Mainz mit dem ehemaligen TTF-Spieler Yuto Muramatsu, auf das Wiedersehen mit Yuto freue ich mich sehr, ist gewiss kein schwacher Aufsteiger. Alle neuen Spieler werden mit Schlagkraft in die Liga gehen. Fast überall wurden noch Ergänzungen mit starken Leuten vorgenommen, sodass sich die Fans in der nochmals einen Tick attraktiver gewordenen Liga sicher auf eine grandiose Saison und tolle Partien freuen können. Es wird sehr spannend und für uns eine echte Herausforderung werden, die wir aber gerne annehmen.“
Das Auftaktprogramm der TTF hat es in sich: Fulda zu Hause, Bad Königshofen ebenso, auch im Pokal, Bergneustadt auswärts, erst mit Mainz am 4. Spieltag ein Gegner, gegen den man klarer Favorit ist. Am 5. Spieltag geht es nach Düsseldorf. Wie sehen Sie dieses heftige, aber gewiss attraktive Programm?
„Unser Auftaktprogramm ist nicht ganz ohne, aber wir sind es die letzten Jahre auch nicht anders gewöhnt. Außerdem ist es kein Wunschkonzert. Alle Gegner bringen etwas Besonderes mit ein. Es gibt vielleicht ein, zwei Gegner, die etwas abfallen, aber auch die können uns ärgern, wie letzte Saison Bad Homburg. Alle sind sehr ernst zu nehmen und einfache Gegner gibt es auf diesem Niveau nicht. So gesehen gibt es grundsätzlich gar kein leichtes Auftaktprogramm. Es ist lediglich die Frage, wie man in die Saison startet. Man wird sehen, in welcher mentalen Verfassung unsere Jungs sind, die ja bei der EM in München keine Akzente setzen konnten. Warten wir die ersten vier Spieltage ab, wie wir hineinkommen, und dann sehen wir weiter.“
War es notwendig, auf dem Transfermarkt nochmals nachzulegen und Shunsuke Togami zu verpflichten, wenn man die Saisonziele erreichen will?
„Es war in diesem Fall gar nicht Sinn und Zweck gewesen, nochmals nachzulegen. Togami sollte als Backup gehandelt werden, weil wir die Lage in Bezug auf die WTT nicht einschätzen konnten und können und noch nicht wissen, wie sich alles weiterentwickelt. Aus diesem Grund war es uns wichtig, ihn zu verpflichten, als er uns seinen Wunsch signalisiert hatte, künftig in Ochsenhausen trainieren und am liebsten auch für den Verein spielen zu wollen. Aber zunächst einmal haben wir ihn für Trainingszwecke geholt, um das Niveau zu steigern. Zudem passt er ins Konzept, ist ein junger Spieler und war auch vor der Pandemie schon mehrfach bei uns. Er kennt uns und wir ihn. Wenn Not am Mann ist, etwa aufgrund von Verletzungen, kann er zum Team stoßen und uns weiterhelfen. Es kommt natürlich auch darauf an, wann er verfügbar ist, da er als Japans momentane Nummer eins eben auch sehr viele Verpflichtungen hat, nicht nur in Hinblick auf die bevorstehende WM. Auch verbandsinterne Qualifikationsturniere, etwa für Olympia 2024, spielen eine wichtige Rolle. Er freut sich aber darauf, auch in der Bundesliga zeigen zu können, was er drauf hat. Dennoch ist er für mich, wie ausgeführt, erst einmal Backup. Ich erinnere an Jang Woojin, den wir 2019 auch in einer besonderen Situation eingebaut hatten. Wir werden Togami, der natürlich schon jetzt ein sehr starker Spieler ist, aufmerksam beobachten und dann sehen, wie es konkret weiter geht.“
Durchläuft Simon Gauzy derzeit eine kleine Krise? In der letzten Saison war seine Bilanz für seine Verhältnisse ja nicht so überragend und seine internationalen Ergebnisse waren in letzter Zeit auch nicht umwerfend. Oder sind Sie zuversichtlich, dass er von Rundenbeginn an das Team wieder als echter Leader anführen und eine erfolgreiche Saison spielen wird?
„Simon hat ein schwieriges Jahr durchlaufen, aber sein persönliches Motto ist „Never Give Up“ – und das hat er verinnerlicht und trägt es sogar als Tattoo. Er hat seine unbestreitbaren Stärken und ich bin überzeugt, dass er die, trotz unbefriedigender EM, sehr bald wieder aufblitzen lässt. So wie in seiner überragenden Saison 2019, als er maßgeblich zu unseren beiden Titeln beigetragen hat. Auch 2020 hat er sehr stark gespielt. Es sind einfach auch Zyklen, dass auf starke Phasen auch mal schwächere folgen. Er geht in sein zehntes Jahr bei den TTF, hat vieles mit dem Team erreicht und kann allein schon aufgrund seiner Persönlichkeit vorangehen. Und sportlich dürfte der Knoten sehr bald wieder bei ihm platzen, wenn man etwa sieht, was er alles im Training dafür tut, seine Ziele zu erreichen.“
Was ist mit den anderen Spielern, an welchem Punkt ihrer Entwicklung sehen Sie diese derzeit? Gehen wir sie mal einzeln durch, also Kanak Jha, Samuel Kulczycki, Can Akkuzu und Alvaro Robles?
„Fangen wir mit Alvaro Robles an: Er hat schon viel Zeit seines Lebens in Ochsenhausen als Teil der Trainingsgruppe verbracht. Wir kennen ihn gut und schätzen ihn sehr aufgrund seiner positiven Ausstrahlung. Und wissen, wie stark er im Doppel spielt. Auf jeden Fall ein Pluspunkt für uns. Er ist inzwischen mit der ganzen Familie nach Ochsenhausen umgezogen. Er wird das Team hervorragend ergänzen. Can Akkuzu ist ja noch nicht so lange dabei. Er ist in seinem Alter noch sehr ausbaufähig und möchte sich weiter entwickeln. In unserem Team hatte er in der Rückrunde sehr gute Leistungen erbracht und möchte das nun von Anfang an bestätigen sowie auch international konstanter spielen. Wir sind von ihm und seinem Potenzial überzeugt. Samuel Kulzycki ist ja noch ein ganz junger Spieler entsprechend unserer Philosophie, auch jungen Talenten eine Chance zu geben. Samuel hat im ersten und zweiten Jahr sehr gut performt, hat aber auch noch genügend Löcher, an denen wir arbeiten müssen. Er steht eben noch am Anfang seiner Karriere. Wir schauen uns seine weitere Entwicklung mit Spannung und Freude an. Kanak hat sich nach einem ersten sehr, sehr schwierigen Jahr auch mental gut gefangen und eine hervorragende Hinrunde gespielt. In der Rückrunde war dann etwas die Luft bei ihm raus. Auch er hat große Ziele, besitzt großes Potenzial und ist ein junger Spieler, dem man seine Zeit geben muss.“
Die TTF gehen mit einigen recht jungen Spielern, aber auch mit erfahrenen Profis in die Saison. Ist das ursprüngliche Konzept des Ausbildungsklubs, der seine eigenen Bundesligaspieler als Jugendliche hervorbringt und entwickelt, damit beendet?
„Im Gegenteil, unsere Philosophie geht jetzt endlich vollends auf. Die Übergänge sind nicht mehr so ruppig, kantig und streng. Es kommt aber immer wieder ein junger Spieler dazu und wird von uns aufgebaut und gefördert. Und unsere aktuellen Profis haben, angefangen bei Simon Gauzy bis hin jetzt zu Togami, fast alle eine Vergangenheit am Liebherr Masters College und wurden von uns ausgebildet, sind aber einfach älter, reifer und erfahrener geworden, was die Sache stabilisiert und auch für die Trainer etwas leichter macht. Die Spieler kommen aber aus unseren Reihen und hinten dran stehen bereits die nächsten und warten auf ihre Chance. Auch auf dem internationalen Parkett trifft man inzwischen auf so viele Spieler, deren Namen mit Ochsenhausen verbunden sind, wie mir gerade wieder bei der EM in München bewusst geworden ist. Das ist wie ein Stempel auf den Jungs und macht einen auch stolz. Das Abenteuer geht weiter und ist im Grunde das gleiche. Wir sind unserer Philosophie absolut treu geblieben.“