Ein hochkarätiger Experte hat beim vierten Gesundheitsforum der Gesundheitsregion plus Landkreis Neu-Ulm über die aktuellen Corona-Aussichten gesprochen. Zu Gast im Landratsamt war Prof. Dr. Thomas Mertens. Er ist Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert-Koch-Institut.
Professor Mertens sagte vor etwa 20 interessierten Fachgästen aus dem Gesundheitsbereich: „Corona wird uns erhalten bleiben – ganz sicher über die Generation unserer Urenkel hinaus.“ Und das hört sich tatsächlich schlimmer an als es ist, denn der gesellschaftliche und gesundheitliche Normalisierungsprozess habe bereits eingesetzt. Der Großteil der Menschen in Deutschland sei bereits immunisiert, weil sie entweder geimpft seien und/oder eine Corona-Erkrankung durchgemacht haben.
„Mittlerweile hat sich in der Bevölkerung eine Grundimmunisierung eingestellt, weil viele Menschen schon einen Antigen-Kontakt gehabt haben.“, so Professor Mertens.
Wer von einer Corona-Erkrankung genesen ist, dem empfiehlt Professor Mertens zur Sicherheit zusätzlich ein Dreifach-, bei Risikopatienten auch eine Vierfach- oder in Ausnahmefällen Fünffach-Impfung. Zu den Risikopatienten zählt er ältere Menschen und Patienten, deren Immunsystem geschwächt oder nur eingeschränkt funktionstüchtig ist. Wer zu dieser Gruppe gehört, sollte eine FFP2-Maske in geschlossenen Räumen tragen, so seine Empfehlung.
Der STIKO-Vorsitzende erwartet für den Herbst und Winter 2022/23 eine Mischung verschiedener Virusvarianten. „Es wird mehrere Varianten geben, die versuchen, die Immunität zu unterlaufen.“ Mertens schätzt, dass der Gipfel der Infektionswelle im Dezember erreicht sein werde. Allerdings hält der Experte Massentests von beispielsweise Schulklassen, trotz der anstehenden Infektionswelle, für „nicht mehr hilfreich“.
Mertens räumte zudem mit dem weit verbreiteten Irrtum auf, dass Impfen dauerhaft gegen eine Corona-Infektion schütze. Dies sei nicht der Fall, man könne sich mehrmals mit dem Virus infizieren, der Impfschutz und die Immunität des/der Genesenen verhindere allerdings einen lebensgefährlichen oder tödlichen Krankheitsverlauf.
Insgesamt könne es die Menschheit – wie vor, so auch nach Corona – mit weiteren Pandemien zu tun bekommen. Die Wahrscheinlichkeit dafür habe zugenommen. Als Gründe nannte Mertens: das Bevölkerungswachstum, die Massentierhaltung, die Globalisierung, die internationale Mobilität und den Klimawandel.
Das Referat fand im Rahmen des mittlerweile vierten Gesundheitsforums statt.