Ulm – Staatsanwalt sieht weiterhin versuchten Totschlag

Das Landgericht und Amtsgericht in Ulm — © Thomas Heckmann
Thomas Heckmann

Partnerin brutal angegriffen

Den gewaltsamen Angriff eines 41-jährigen Mannes im Mai auf seine Partnerin sieht der Staatsanwalt in seinem Plädoyer als versuchten Totschlag. Der Verteidiger ist dagegen fest davon überzeugt, dass die mindestens sieben Schläge gegen den Kopf eine gefährliche Körperverletzung sind. Das Urteil vor dem Ulmer Landgericht soll am Freitag fallen.

Tatablauf und Ermittlungen

Verhandelt wird seit vergangener Woche, weil der 41-Jährige seine auf dem Bett liegende Partnerin am Hals gepackt haben soll und ihr mindestens sieben Mal mit der Hand oder Faust gegen den Kopf geschlagen haben soll. Anschließend rief er per Notruf den Rettungsdienst und die Polizei, dabei sagte er, dass er sie getötet habe, doch er wusste nicht, dass sie lediglich bewusstlos war. Als er das erfuhr, sagte er zu den Polizisten „Shit“.

Zeugenstand und Beziehungsgeschichte

Am Dienstagvormittag trat das Opfer in den Zeugenstand, die mittlerweile 50-jährige Monica S., die nicht mehr in der Region wohnt. Während der rund eineinhalbstündigen Befragung würdigte der Täter das Opfer nahezu keines Blickes, er schaute meist nach links zum Richtertisch, gelegentlich nach unten und spielte immer wieder mit dem Empfänger der Übersetzungsanlage, die es ihm ermöglichte, der Verhandlung in seiner polnischen Muttersprache zu folgen.

Monica S. gab einen Einblick in die rund einjährige Beziehung, in der es immer wieder Alkohol und Gewalt gab. Sie berichtete, dass sie viermal blaue Flecke nach Schlägen durch ihren Partner bekam, doch sie war nie beim Arzt und auch in der Arbeit hat sie sich geschämt. Nachbarn riefen einmal die Polizei, als sie ihre Schreie hörten.

Streit am Tatabend

An dem verhängnisvollen Tag im Mai waren die beiden bei Bekannten zum Grillen. Auch daheim gab es noch Alkohol. Sie trank über den halben Tag wohl eine Flasche Wein, er eine halbe Flasche Wodka statt seiner üblichen rund fünf Flaschen Bier. Doch was dann passierte blieb mal vage und mal gab es keine Erinnerung. Schon auf die Frage, ob die beiden öfter gemeinsam im Einzelbett des Opfers übernachtet haben oder der Täter in seinem extra Zimmer in der Wohngemeinschaft schlief, blieb offen.

Das Opfer konnte sich auch auf Nachfrage nicht daran erinnern, ob sie gewürgt wurde oder ob er sie am Hals festgehalten hat. Stattdessen kam ein überzeugtes „Er wollte mich bestimmt nicht erwürgen“.

Persönliche Hintergründe des Angeklagten

Auch die persönlichen Verhältnisse des Angeklagten wurden beleuchtet. So wuchs er in Polen auf und ließ sich zum Schneider ausbilden. In diesem Beruf arbeitete er jedoch nur rund sechs Wochen, bevor er nach eigenen Worten „alles mögliche“ gearbeitet hat, doch nichts für längere Zeit. Nach einem halben Jahr in Tschechien kam er 2016 zum Arbeiten nach Deutschland. Dort setzte er seinen Berufsweg auf ähnliche Art fort.

Psychiatrisches Gutachten und Strafmaß

Nach diesen abschließenden Aussagen nahm das psychiatrische Gutachten breiten Raum ein. In rund zwei Stunden ordnete Hermann Assfalg das Verhalten des Täters ein. Dabei diagnostizierte er eine Alkoholabhängigkeit, doch eine vermutete Schizophrenie konnte er ausschließen.

Aufgrund der Zeugenbefragungen und des Sachverständigengutachtens sah der Staatsanwalt den Tatvorwurf des versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung erfüllt.

Plädoyers und Ausblick auf das Urteil

In den Augen des Verteidigers Reinhard Branz sind drei Jahre tatangemessen, auch, da die Vorgeschichte unklar blieb. So soll das Opfer wohl vorher einen Streit verursacht haben und den Angeklagten provoziert und beleidigt haben. Auch wertet der Verteidiger den Notruf als Rettungsversuch für das Opfer.

Bevor das Gericht ein Urteil fällen wird, bekam der Angeklagte noch die Gelegenheit zu letzten Worten. Er sprach einen einzigen Satz: „Wenn die Monica da wäre, hätte ich sie um Verzeihung gebeten.“ Das Urteil wird am Freitag um 11.30 Uhr verkündet.

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