Sparen und investieren gleichzeitig - Stadt Ulm stellt Finanzlage vor

Finanzierungslücke von 177 Millionen Euro muss geschlossen werden

Die Stadt Ulm investiert kräftig - vielleicht zu kräftig. Nach aktuellen Prognosen würde die Stadt die selbst auferlegte Schuldengrenze von 250 Millionen Euro im Jahr 2029 überschreiten. Finanzbürgermeister Martin Bendel ruft zum Sparen auf.

Baustellen so weit das Auge reicht, die Landesgartenschau vor der Brust, ein neues Stadion soll her, Kindergärten braucht es auch noch ein paar… Die Investitionsliste der Stadt Ulm könnte aktuell ein ganzes Buch füllen. Nach der „gelben Karte“ des Regierungspräsidiums in Tübingen hat aber inzwischen auch jeder im Gemeinderat gemerkt: Immer höher hinaus geht es ohne Konsequenzen dann doch nicht. Im Extremfall würde Tübingen den Haushaltsplan der Stadt ablehnen – und damit die Entscheidungshoheit der Stadt über Investitionen deutlich einschränken.

Dreistelliger Millionenbetrag fehlt

Also hat sich Finanzbürgermeister Martin Bendel mit seinem Team an einen Sparplan gesetzt. Er hatte schon im letzten Jahr vor einer überambitionierten Investitionsplanung gewarnt, das hat jetzt für einige Projekte Folgen. Denn: Aktuell fehlen zur Realisierung aller geplanten Projekte der nächsten fünf Jahre große Summen an Geld, genauer gesagt 177 Millionen Euro. Bendels Sparplan umfasst unter anderem Einzahlungen aus dem Infrastrukturpaket des Bundes mit 24 Millionen Euro und die Reduzierung der Auszahlungen an die stadteigenen Tochtergesellschaften SWU und UWS mit 30 Millionen Euro.

Umsetzung der Schiebeliste 

Den Großteil der Sparmaßnahmen übernimmt aber die Schiebeliste. Auf dieser stehen über 40 Projekte, die erstmal auf 2030 und später verschoben werden. Und damit zunächst den Haushaltsplan nicht belasten. Die Priorisierung dürfte dabei vor allem die Betroffenen nicht begeistern. Darunter fällt die geplante KITA-Offensive in Jungingen, Lehr und Eggingen mit zwölf Millionen Euro an Einsparungen. Auch das Theater Ulm mit zehn Millionen und der Mensa-Neubau für die Adalbert-Stifter-Schule mit etwa neun Millionen Euro gehören zu den Verlierern. Aber auch einigen Verschönerungsmaßnahmen in der Stadt geht es an den Kragen. Hier steht eine Kürzung von 20 Millionen Euro des Budgets der Landesgartenschau und die Verschiebung der vielbeachteten Neugestaltung der Fußgängerzone in der Innenstadt an. Weitere „Prominente“ auf der Liste: Das Forsthaus Söflingen, die geplante Familienbildungsstätte und eines der beiden Flüchtlingslager in Wiblingen.

Ein Großprojekt taucht dagegen gar nicht mehr auf den Listen auf. Den Umbau des Donaustadions würde die Stadt Ulm an die Messe Ulm übergeben. Und damit auch alle weiteren Zuständigkeiten. Die Messe Ulm wäre damit neue Betreiberin des Stadions. Sowohl der SSV Ulm 1846 Fußball als auch die Stadt Ulm selbst müssten in Zukunft also Miete an die Messe zahlen. Die Stadt spart sich dadurch aber über 30 Millionen Euro im Investitionsplan.

Investitionsrekord in Ulm

Damit soll die Haushaltsplanung für 2026 gesichert werden. Was nicht heißt, dass die Stadt nicht fleißig weiter investiert. Selbst mit den Sparmaßnahmen gibt die Stadt in den nächsten vier Jahren fast 450 Millionen Euro für städtische Baumaßnahmen aus. Und hängt dabei andere Kommunen im Land weit ab. Mit der ursprünglichen Finanzierung wären pro Einwohner in Ulm 1.100 Euro ausgegeben worden. Das sind dreimal so viel wie der baden-württembergische Durchschnitt. Mit den aktuellen Maßnahmen sinkt die Investition auf 800 Euro pro Bürger; immer noch mehr als doppelt so viel wie der Landesvergleich. Um das zu stemmen, greift die Stadt Ulm auf ihre vollen Sparbücher zurück. 2021 waren es noch 201 Millionen Euro im Tresor, heute sind schon nur noch 92 Millionen Euro auf der hohen Kante. Ab 2027 wird der Stadt dann nur noch die gesetzliche Mindestliquiditätsreserve von 20 Millionen Euro zur Verfügung stehen. In Zukunft hoffen die Verantwortlichen auf eine steigende Konjunktur, um das Stadtkonto wieder füllen zu können. Allerdings werden die aufgeschobenen Planungen der Projekte und höhere Zinsen durch höhere Schulden auch die nächsten Generationen im Rathaus belasten.

Konsolidierungen greifen

Bis dahin steigen eben auch die Schulden. Bendels Sparplan ist auf Knopf genäht. 2029 würde die Stadt die Schuldenobergrenze von 250 Millionen Euro trotzdem beinahe erreichen, viel Spielraum ist nicht eingeplant. Zunächst muss Bendel aber einen handlungsfähigen Haushaltsplan für 2026 aufstellen. Um das zu erreichen, setzt Bendel auf Konsolidierungen. Hier wird vor allem im Gebäudeunterhalt viel gespart, auch die öffentliche Schulkindbetreuung bekommt einen Dämpfer. Ordentlich gespart wird bei der Stadt selbst. Von den geplanten elf Millionen Euro an Konsolidierung fallen über sechs Millionen auf Budgetkürzungen in Fachbereichen und auch beim Personal. Bendel entwarnt aber: „Es wird keinen aktiven Stellenabbau geben, stattdessen werden wegfallende Stellen erst später wieder besetzt.“ Und auch die Vereine müssen tapfer sein. Die Indexierung, also die Bezuschussung der anliegenden Vereine über die Stadt, wird für 2026 ausgesetzt. Weitere Einnahmen sollen durch die Erhöhung der Gewerbesteuer und die Einführung einer Bettensteuer für die Hotellerie generiert werden.

Gemeinderat entscheidet

Ob das System so tatsächlich eins zu eins übernommen wird, hängt vom Gemeinderat ab. Am 16. Juli werden die Mitglieder über den neuen Haushaltsplan abstimmen, Bendel erwartet teils hitzige Diskussionen. Komplett glücklich werde wohl kaum jemand aus dieser Sitzung gehen, aber die Politiker müssten zum Wohl der Stadt und zukünftiger Generationen Kompromisse eingehen. Man habe sich bei den Investitionen in zu kurzer Zeit zu viel vorgenommen. Jetzt müsse die Stadt von überambitioniert wieder zu ambitioniert kommen, fasst Bendel zusammen.

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