Ulm: Impfen unter dem höchsten Kirchturm der Welt

Niederschwellige Impfangebote gehören zur Strategie der Stadt Ulm, daher gibt es anmeldefreie Impfungen an den verschiedensten Orten im Stadtgebiet. Am Mittwoch wurde direkt im Ulmer Münster unter dem höchsten Kirchturm der Welt geimpft. Dekan Ernst-Wilhelm Gohl hatte binnen Minuten zugestimmt, als man mit der Idee auf ihn zukam.

Das Impfen an diesem ungewöhnlichen Ort ist ein voller Erfolg, denn neben hunderten Ulmer Bürgern haben sich auch spontan Touristen während der Kirchenbesichtigung impfen lassen.

Schon am Vormittag bildete sich eine Schlange am Münstereingang, die dazu führte, dass auch Besucher des Wochenmarktes auf dem Münsterplatz auf die Impfaktion aufmerksam wurden. Nach zwei Registrierungsschaltern am Eingang konnten die Impfwilligen ihre Unterlagen an Stehtischen ausfüllen und bekamen ihre Aufklärungsgespräche durch Ärzte. In einer Kapelle seitlich des Altarraumes wurden die Impfungen durchgeführt und nach dem Piecks ging es nach nebenan, um die Impfbescheinigung zu erhalten und eine Freikarte für eine Turmbesteigung des Ulmer Münsters, die die Kirchengemeinde für alle Geimpften zur Verfügung stellte.

Der Dekan und auch der Ulmer Oberbürgermeister Gunter Czisch betonen unisono, dass das Ulmer Münster eine Bürgerkirche ist und seit 1377 ein Ort für die gesamte Stadtgesellschaft ist. Daher stand es außer Frage, auch dort Impfungen möglich zu machen, als der Arzt Dr. Bora Akyürek mit der Idee vorstellig wurde. Akyürek hat bereits mehrfach in einer Ulmer Moschee geimpft und auch schon zu Techno-Beats in einer Diskothek. Die christliche Kirche war für ihn genauso ein Ort, um den Ulmern unkompliziert zu einer Corona-Schutzimpfung zu verhelfen.

In seiner WhatsApp-Gruppe suchte der Arzt Akyürek nach einem Ansprechpartner für das Ulmer Münster und die Apothekerin Suzan Atabey konnte da ganz einfach vermitteln, denn die Ehefrau des Dekans arbeitet bei ihr in der Apotheke. Nur fünf Minuten nachdem dem Dekan per WhatsApp die Idee der Impfaktion vorgetragen wurde, rief er bei Akyürek an und man verabredete sich für den Abend, um das Ulmer Münster zu besichtigen.

Mit Unterstützung der Stadt Ulm, die einen eigenen Koordinator für Pop-up-Impfungen hat, wurden 1 000 Impfdosen von Moderna und Biontech für die Impfaktion organisiert. Akyürek trommelte zehn Hausärzte zusammen, die teilweise in ihrem Urlaub zum Impfen in die Kirche kamen. So dauerte es nur wenige Tage von der Idee bis zur Umsetzung. Oberbürgermeister Czisch dankte den Ärzten dafür ausdrücklich, dass sie sich gemeinsam mit ihren Teams zu engagieren und pragmatisch handeln. Er erwähnte auch die hohe Impfquote in der Stadt Ulm im Landesvergleich. „Das Virus und seine Wirkungen zu leugnen, ist keine Lösung, sondern nur eine Flucht aus der Realität. Ein Freiheitsanspruch ohne Verantwortung aber ist blanker Egoismus, egal in welchem Gewand er daherkommt. Zeigen Sie Solidarität, lassen Sie sich impfen und schützen so sich und andere.“ Sind klare Worte, die das Stadtoberhaupt an die Menschen richtete, die sich in den vergangenen Wochen abends vor der Kirche versammelten und bei ihren Spaziergängen Kirchenlieder sangen. Der Dekan bezeichnete es als „ein Wunder, dass wir eines Jahres einen Impfstoff haben“ und stellte sein Kirchengebäude auch als ein Zeichen der Dankbarkeit für die Impfaktion zur Verfügung.

Das Ziel der unkomplizierten Impfung wurde offensichtlich erreicht, denn die Düsseldorferin Eva Vordermark lies sich spontan boostern. Die Touristin wollte auf dem Rückweg von ihrem Bayern-Urlaub eigentlich das Schloss Neuschwanstein besichtigen, acht Euro Parkgebühren waren ihr jedoch zu viel und sie fuhr nach Ulm weiter, um das Ulmer Münster zu besichtigen. Als sie dort das Impfangebot mitbekam, hat sie ihre geplante Booster-Impfung vorgezogen und die Kirchenbesichtigung mit dem Arztbesuch verbunden. Unter den anderen Impfwilligen war auch eine Pakistanerin, die derzeit ihre in Ulm lebende Tochter besucht. Die unkomplizierte Impfung vor der Rückreise nach Pakistan hatte sie in die Kirche gelockt. Unter den Besuchern, die gekommen waren, um das Ulmer Münster zu besichtigen, war auch eine Enkelin mit ihrem Opa. Als der Opa dann gesehen hatte, dass er sich nebenbei impfen lassen kann, rückte die Kirchenbesichtigung kurzzeitig in den Hintergrund und auch die Enkelin war von der Spontanität ihres Opas begeistert, der seine Boosterimpfung bekam.

Text/Foto: Thomas Heckmann

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